Lob und Strafe

Wer sich mit der Erziehung - ganz egal, ob Kinder oder Hunde - beschäftigt, kommt um Lob und Strafe nicht herum. Zwar gibt es verschiedene Ansätze angeblich "völlig gewaltfreier Erziehung", doch das ist schon beim ersten tieferen Blick reine Religion und hat wenig mit der Realität zu tun. Da wir uns aber mit der realistischen Praxis beschäftigen wollen, gilt für uns - wie bei allem anderen - auch bei Lob und Strafe die alte Weisheit des Paracelsus:

Die Dosis macht das Gift! Paracelsus

Wer zu viel oder zu hart straft, der macht sich und seinem Hund das Leben ebenso schwerer, wie jemand, der ganz auf Strafe zu verzichten versucht; oder der zu viel oder falsch lobt. Um also das richtige Maß zu finden, schauen wir uns Lob und Strafe in diesem Abschnitt genauer an: Wie loben wir richtig? Wie strafen wir richtig? Was sollten wir tun? Was sollten wir lassen?

Wie viel Lob braucht mein Hund?

Bevor du jetzt weiterliest: Schließe die Augen und überlege selbst, wie die Antwort lauten sollte!

Also! Wie lautet die Antwort auf die Frage "Wie viel Lob, denkst du, braucht dein Hund?" Die ganze Zeit? Nie? Immer, wenn er etwas richtig gemacht hat? Vielleicht in Zahlen: 1x am Tag? 5x? 10x? Tatsächlich lautet die korrekte Antwort:

Gar keins. Nie.

Ja, du hast richtig gelesen: Rien du tout. Nada en absoluto. Nietschewo. Wirklich ü-ber-haupt keins. Schon gar kein verbales Lob oder ein zugestecktes Leckerchen hier oder ein paar Streicheleinheiten dort. All das sind REIN MENSCHLICHE Konzepte (genauer: menschliche Krücken), die uns helfen sollen, dem Hund klarer und schneller zu vermitteln, was wir eigentlich von ihm erwarten.

Glaubst du nicht? Dann prüfe es! Gehe auf eine Hundewiese deiner Wahl und beobachte die Hunde! Siehst du dort auch nur einen Hund, der einen anderen für etwas lobt oder ihm Leckerlie zusteckt? Nein? Wirst du auch nie; denn das geschieht ... nun ja, NIE. Und wären da nicht die Herrchen und Frauchen, würden die Hunde auch nie ein Lob oder ein Leckerlie bekommen. Und weißt du was? Es würde ihnen auch nicht fehlen. Sie vermissen es nicht.

Für deinen Hund ist es "Lob" genug, sein Leben beschützt und zufrieden führen zu können; einen festen Platz in eurem kleinen Familien-Rudel zu haben; und darin eine feste Aufgabe zugeteilt bekommen zu haben. Und das zeigst du ihm, indem du ihm Schutz, Futter, Obdach und - Achtung - rasse-gerechte Beschäftigung (lies: Arbeit) gibst. Hat er all das im richtigen Maß, fehlt ihm nichts. Hat er das nicht, sind Lob und Bestechung nur ein schlechter Ersatz.

So weit zu dem, was ER BRAUCHT. Jetzt zu dem, was DU WILLST.

Natürlich KANNST du deinen Hund loben. Aber du machst es NICHT FÜR IHN, SONDERN FÜR DICH. Und dabei kannst du obendrein auch noch einen ganzen Haufen Bockmist bauen. Denn lobst du auf die falsche Art oder zur falschen Zeit, dann verursacht dein Lob mehr Probleme, als wenn du nie loben würdest.

Falsches Lob oder Lob zur falschen Zeit sorgt für viele Probleme. Fast immer ist es besser, gar nicht zu loben als falsch zu loben.

Falsches Lob? Das geht? Man kann "falsch loben"?

Wie viel Strafe braucht mein Hund?

Wie sieht es nun mit Strafe aus? "Wie viel Strafe braucht mein Hund zum Leben?" Und auch die Antwort ist sicherlich für so manchen Hundehalter überraschend:

Jede Strafe ist ein Versagen des Halters.

Jede. Ausnahmslos. Denn immer dann, wenn du gerade glaubst, jetzt aber wirklich strafen zu müssen, hast du bereits vorher Fehler gemacht, die zum Fehler deines Hundes führten. Du bestrafst deinen Hund also im Grunde für deinen eigenen Fehler. Und der Preis für JEDE Strafe, die du austeilst, ist Ansehensverlust bei deinem Hund. Du verlierst ein Stück seines Respekts für dich. Und du verlierst ein Stück deines Anspruchs auf echte Dominanz. Deshalb solltest du Strafen ausgesprochen sparsam einsetzen. Nur dann, wenn es absolut nicht anders geht; und selbst dann nur im absolut mindest-möglichen Maß, ist Strafe sinnvoll.

Und auch beim Strafen kannst du unendlich viel falsch --- aber nur wenig richtig machen.

Falsche Strafe oder Strafe zur falschen Zeit sorgt für viele Probleme. Fast immer ist es besser, gar nicht zu strafen als falsch zu strafen.

Geht's noch?! Wie soll ich meinen Hund ohne Lob und Strafe erziehen?

Du darfst durchaus loben. Und du kannst durchaus Fehlverhalten korrigieren. Doch mache beides in Maßen, nicht in Massen! Für beides braucht es überlegtes Augenmaß; und eben das Wissen, dass nicht nur bei der Strafe, sondern auch beim Lob stets die Dosis das Gift macht.

Im Idealfall - und sobald du erst mal euren Weg gefunden hast - brauchst du weder Lob, noch Strafe. Also so gut wie fast gar nicht. Es fühlt sich einfach natürlich und richtig an, wenn ihr euch erst einmal richtig aufeinander eingespielt habt. Denn dann reicht meistens ein einziger "böser Blick" oder eine für den Hund erkennbare Versteifung deiner eigenen Körpersprache, um den Hund von dummen Gedanken abzubringen. Und dann reicht auch ein - für deinen Hund völlig natürliches - selbstverständliches Hinnehmen richtigen Verhaltens des Hundes, um ihm zu zeigen, dass er sich gut verhält.