Falsches Lob? Das geht? Man kann "falsch loben"?

Im Abschnitt Lob und Strafe haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie viel Lob und Strafe unser Hund braucht. Und wir haben zu beidem festgestellt: Er braucht beides nicht bzw. nur im richtigen Maß und zur richtigen Zeit. Daraus ergibt sich eine spannende Frage:

Man kann "falsch" loben?
Wie geht denn richtiges Loben?

Man kann "falsch" loben?
Wie geht denn richtiges Loben?

Tatsächlich ist falsches Lob - genauso, wie falsche Strafe - eine sehr häufige Ursache für Verhaltensstörungen unserer Hunde. So häufig und so krass, dass wir unbedingt darüber nachdenken sollten, wie denn vernünftiges, richtiges Loben überhaupt funktioniert.

Kein Lob ist besser als falsches Lob

Zuerst rekapitulieren wir noch einmal schnell: Wir hatten bereits festgehalten (aber noch nicht bewiesen; das machen wir gleich hier), dass es besser ist, wenn du GAR NICHT lobst, als wenn du falsch lobst. Tatsächlich kann dein Hund super ohne jedes Lob und ohne jedes Leckerlie auskommen. Den Beweis dafür findest du bei Wölfen und auf der Hundewiese: Wölfe und Hunde "loben" sich untereinander niemals für gutes Verhalten. Nie. Mals. Für deinen Hund ist es also völlig natürlich und entspricht seinen Instinkten, kein Lob für irgendwas zu bekommen.

TIPP Wenn du auch nur den Hauch der Möglichkeit, deinen Hund womöglich gleich falsch zu loben, siehst: Lobe lieber gar nicht als falsch! Dann machst du bei der Erziehung deines Hundes weniger Fehler.

Fehler Lob zur falschen Zeit

Nehmen wir mal an, dein Hund rennt irgendwo auf der Wiese herum. Du rufst ihn zu dir und er kommt angeflitzt. Plötzlich klingelt dein Telefon, du gehst ran und sprichst kurz etwas ab. Dein Hund sitzt mittlerweile hechelnd vor dir und wartet artig, was gleich kommt; erwartet vielleicht sogar das gewohnte Leckerlie. (Perfekte Situation, nicht wahr?! Davon träumen wir alle.) Während du nun noch telefonierst, sieht er eine nette Hundedame vorbeilaufen. Er springt auf und will gerade loslaufen, da bist du mit dem Telefonat fertig und widmest ihm wieder deine Aufmerksamkeit.

Soweit zur Situation ... eine ziemlich typische Situation, oder?!

Natürlich bist du stolz wie Bolle, dass dein Hund endlich mal aufs Wort hört; und du lobst ihn überschwenglich. "Toller Hund! Und so schnell bist du gekommen! Bravo! Aaaach, wenn du das doch nur immer machen würdest..." Während du das mit ultra-hoher Stimme fiepstig vor dich hinflötest, kramst du schon in der Leckerlie-Tasche nach dem besten Leckerlie, das du dabei hast und stopfst es ihm glücklich ins Maul.

Was ist hier schief gelaufen? Warum ist das GRUNDFALSCHES Lob?

Tatsächlich könntest du hier kaum noch mehr FALSCH machen. Praktisch alles, was die Erziehung deines Hundes betrifft, ist schief gelaufen ... und schlimmer noch:

Du lobst deinen Hund gerade für eine Frechheit!
  1. Wenn und solange du von deinem Hund Aufmerksamkeit forderst; widme ihm ebenfalls Aufmerksamkeit. Alles andere ist selbst bei Menschen unhöflich. Dein Telefon klingelt? Kein Thema! Entweder später rufe zurück oder erledige das Lob rasch und gehe dann ran. Oder verzichte ganz aufs Loben.
  2. Dein Hund hat ZWEI Aktivitäten entfaltet. Die erste war das Kommen nach dem Ruf. Die zweite war die Aufmerksamkeit für die Hundedame und die Unaufmerksamkeit für dich. Doch du hast die zweite Aktion übersehen, weil du noch selbst abgelenkt warst.
  3. Du lobst deinen Hund nun dafür, dass er sich nun für die Hundedame und nicht mehr für dich interessiert. Wenn dein Hund also zukünfig eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne für dich hat, wundere dich nicht! Du bringst ihm das gerade bei.

So, wie du deinen Hund also hier lobst, tust du ihm nichts - wirklich GAR NICHTS - Gutes. Und auch dir nicht. Im Gegenteil: Du lobst gerade eine neue Baustelle herbei. ... WARUM?

Hunde schließen Aktivitäten für sich ab. Was eben war, ist nie geschehen. Nur das Hier & Jetzt zählt für sie. Daher gilt die eiserne Faustregel: Für das Lob hast du nach der Aktion MAXIMAL 3 - in Worten D-R-E-I - Sekunden Zeit. Nicht eine Sekunde mehr.

Richtig
Rechtzeitiges Lob muss innerhalb von 3 Sekunden erfolgen.
Oder nie.

Verpasst du dieses Zeitfenster - und es ist völlig egal, aus welchem Grund -, dann verzichte lieber aufs Loben. Das schadet weniger.

Fehler Lob in der falschen Intensität

Andere Situation: Dein Hund soll nicht aufs Sofa springen. Leider macht er das ab und zu. Nur heute nicht. Da ist er brav. Er kommt freudestrahlend nach dem Spaziergang mit Herrchen ins Wohnzimmer gestürmt und... bremst hart; und bleibt direkt vor dem Sofa stehen. Klar: Du bist stolz, wie Bolle, und willst deinen Hund loben. Natürlich denkst du auch artig an die 3-Sekunden-Regel des rechtzeitigen Lobes: Sofort springst du auf, rennst zu ihm hin und fiepst dabei freudestrahlend mit hoher Stimme "Braver Bello! Du bist zum ersten Mal von ganz allein nicht aufs Sofa gesprungen. Die Mama ist mega-stolz auf dich!" Bei ihm angekommen streichelst du ihn, klopfst auf ihm herum und tanzt mit ihm einen Freudentanz.

Auch keine unübliche Sitation, nicht wahr?! Man findet sie so und ähnlich ziemlich oft vor.

Doch was passiert jetzt? Dein Hund, vom Hereinstürmen sowieso noch ziemlich aufgedreht, ist von deiner Freude über ihn (nein, er bringt deine Freude NICHT mit der eingehaltenen Regel, sondern mit seiner Anwesenheit im Raum, in Verbindung) schier überwältigt. Er dreht noch mehr auf und ... springt, im Übersprung seiner Emotionen die noch nicht ganz fest sitzende Regel, dass er ja eigentlich gar nicht mehr aufs Sofa darf, doch aufs Sofa.

Das wiederum gefällt dir natürlich nicht. Und du bestrafst deinen Hund für seinen deinen Fehler, indem deine Stimmung völlig unvermittelt kippt und du ihn anherrschst, er solle sich gefälligst vom Sofa trollen. Schließlich hätte es doch eben noch so gut geklappt. ... und nun das. Tja, da ist die Mama aber sehr, sehr enttäuscht.

Was ist hier schief gelaufen? Warum ist das GRUNDFALSCHES Lob?

Und wieder ist reichlich schief gelaufen. Dieses Mal sogar so viel, dass du deinen Hund für deinen eigenen Fehler bestrafst; anstatt einfach nur aufs Loben zu verzichten.

Erst völlig übertriebenes Lob; dann völlig unverständliche Strafe.
Schlimmer geht es kaum.

Dein völlig übertriebenes Lob hat den Hund hier mitgerissen und freudig aufdrehen lassen. Aus seiner Sicht war das Sofa nur ein Hindernis beim Herumhopsen mit dir. Für ihn war keine Regelübertretung; schon gar keine absichtliche. Es war aus seiner Sicht nicht mal ein Sofa, auf das er da gesprungen ist. Vielmehr war es einfach nur irgendein Hindernis, auf dem man beim Freudentanz herumspringen darf.

Hättest du hingegen in dieser Situation (du warst weit weg, und eigentlich war es auch keine große Sache; auch nicht für den Hund) ganz aufs Lob verzichtet, hättest du weniger Schaden anrichten können, als mit diesem falschen Lob.

Richtig
Passe die Intensität des Lobes der Situation an; nicht deinen Emotionen!

Natürlich kannst du mit deinem Hund Freundetänze machen, wenn etwas Besonderes gut klappt. Doch denke daran: Du schaukelst ihn emotional ebenfalls auf. Auch er beginnt "zu tanzen". Und Hundetänze beschränken sich nicht auf einen zivilisierten Two-Step, oder so. Da wird schon mal heftig herumgehopst.

Wie lobe ich richtig?

Nachdem wir uns angeschaut haben, wie schnell man falsch loben kann; werfen wir nun noch einmal zusammenfassend einen Blick darauf, wie richtiges Lob aussehen sollte:

  1. Im Zweifel: Gar nicht loben.
  2. Innerhalb von 3 Sekunden loben ... oder das Lob auslassen.
  3. In der richtigen Intensität loben ... oder das Lob auslassen.

Schaffst du es nicht innerhalb dieser 3 Sekunden ist es kein Problem, wenn du gar nicht lobst. Es ist aber ein Problem, wenn du falsches Verhalten lobst, weil der Kollege schon wieder neue Grappen im Kopf hat. Entsprechendes gilt für die Intensität des Lobes: Weniger ist mehr!

FAUSTREGEL Bist du auch nur im Geringsten im Zweifel, ob und wie viel du jetzt loben solltest: Lobe gar nicht! Damit machst du weniger Fehler als mit einem falschen Lob.

Dein Hund kann auch ganz ohne jegliches Lob leben. Klar kann richtiges Lob helfen. Ihn aber falsch zu loben, bedeutet auf Dauer ganz sicher: Neue Baustellen!