Auf der Hundewiese

Die Hundewiese ist ein Ort, den man dir nur wärmstens empfehlen kann. Mit oder ohne Hund: Du lernst dort wahnsinnig viel über das Verhalten von Hunden. Mehr als dir ein beliebiges Hundebuch je vermitteln könnte. Und ganz nebenbei bist du an der frischen Luft und unter mehr oder weniger gleichgesinnten Menschen.

Wenn du also noch nie da warst: Geh hin! Und wenn du schon öfter da warst: Nach diesem Abschnitt wirst du die Hundewiese mit völlig neuen Augen sehen. Denn dort lernst du unglaublich viel über die Praxis von echter und unechter Dominanz. Nicht nur zwischen Hunden; sondern vor allem für dich selbst. Denn was du dort siehst und erlebst, kannst du auch für dich anwenden.

Woran erkenne ich die echt dominanten Hunde?

Auf der Wiese tollen die Hunde oft wild durcheinander. Sie finden sich zu spontanen Spielgruppen, die "Hasch-mich!" spielen; sie rennen um die Wette; sie ringen miteinander (zumindest scheint es manchmal so); sie flitzen von links nach rechts, von vorn nach hinten wild durcheinander; ... kurz gesagt: Es herrscht ein sehr bewegtes Leben.

Aber immer wieder mal entdeckt man einzelne Hunde, die einfach nur herumstehen und sich scheinbar nicht am Spiel beteiligen wollen. Stattdessen stehen sie still oder stolzieren mit ziemlich steifen Beinen, erhobenem Kopf und still gehaltenem Schwanz gemächlich über den Platz und haben alles im Blick. Ganz besonders oft sind sie in der Nähe raufender und eng miteinander spielender Hunde zu sehen; also da, wo Eskalationspotenzial ist.

Echte Dominanz weiß um ihre Stärke. Sie hat es nicht nötig, sie laut und pöbelnd zu demonstrieren.

Das, meine Damen und Herren, sind die echt dominanten Hunde. Sie wissen um ihre autoritäre Ausstrahlung; und sie benutzen diese ganz gezielt, um möglicherweise aufkommenden oder bereits aufflammenden Streit zu schlichten. Am liebsten nur allein durch ihre Anwesenheit. Doch wenn es nicht anders geht, dann gehen sie - nach mehreren Aufforderungen! - auch handfest dazwischen.

Hat sich die Luft aber geklärt und sind die Hitzköpfe ruhiger geworden, dann fallen sie SOFORT wieder in die stille Ausstrahlung zurück. Kein Nachkläffen. Kein Nachtragen. Stattdessen ein direkter und unmittelbarer Übergang zur demonstrativen "dominanten Friedfertigkeit".

Wie verhalten sich die anderen Hunde?

Die anderen Hunde, also jene, die kein oder nur schwaches Dominanzverhalten zeigen, respektieren diese echt dominanten Hunde in den allermeisten Fällen. Manchmal versuchen sie noch kurz, dagegen anzuhalten. Doch das ist fast immer nur eine Sekundensache. Dann unterwerfen sie sich und der Diput ist für beide erledigt.

Woran erkenne ich die unecht dominanten Hunde?

Neben den echt dominanten Hunden gibt's natürlich auch die unecht domnianten Hunde. Das sind Hunde, die mehr oder weniger starke Defizite in ihrer Erziehung haben; und die sich deshalb nicht anders zu helfen wissen.

Und auch sie sind sehr leicht zu erkennen: Sie sind fast das exakte Gegenteil der echt dominanten Hunde. Sie sind laut, sie pöbeln, sie streiten, und wenn sie sich erst mal mit einem Schwächeren angelegt haben, lassen sie oft eine ganze Weile keine Ruhe.

Am einfachsten findet man sie, wenn man nach einzelnen Hunden sucht, die leicht abseits einer raufenden oder gröber spielenden Gruppe stehen und aus der Distanz wie angestochen gegen die Gruppe kläffen. Kommt ihnen einer aus der Gruppe oder sogar die ganze Gruppe jedoch zu nahe, dann nehmen sie die Beine in die Hand, laufen ein Stück davon und kläffen von dort aus weiter.

Wie verhalten sich die anderen Hunde?

Meist tolerieren die anderen Hunde, also jene, die kein oder nur schwaches Dominanzverhalten zeigen, solche unecht dominanten Hunde eine Weile. Doch wenn die Pöbler es gar zu arg oder zu lange übertreiben, dann scheuen sie die Auseinandersetzung nur selten.

Gelegentlich überschätzt auch mal einer der unecht dominanten Hunde sein Autoritäts-Potenzial gewaltig. Das sind dann die - durchaus manchmal sogar gefährlichen - Situationen, in denen es scheinbar "unerwartet" zu blutigen Beißereien kommen kann. Denn begibt sich ein Hund in den "Nahkampf", ist er also bereit, die Eskalationsleiter bis zur Beißerei durchzuziehen; und hat er nicht die nötige Autorität, das rechtzeitig zu verhindern und den Konflikt zu seinen Gunsten zu entscheiden, dann hält der andere Hund durchaus dagegen, bis Blut fließt.

Woran erkenne ich, dass sich ein Hund unterwirft?

Das Unterwerfungsverhalten von Hunden ist - ähnlich wie das Aggressionsverhalten - einem Protokoll, einer "Eskalationsleiter", zuzuordnen: Je nachdem, wie deutlich der Hund seine Unterwerfung demonstrieren will (oder muss), wird sich das Verhalten unterscheiden.

Das deutlichste Zeichen ist, dass der Hund sich auf den Rücken oder auf die Seite legt und dem dominanten Hund seine Kehle und seinen ungeschützten Bauch zeigt. Der Bauch ist die empfindlichste Stelle für einen Hund. Wird er dort gebissen, bedeutet das für ihn im Zweifel den Tod. Daher ist dieses Zeichen das Maximum an Unterwerfungsbereitschaft, das ein Hund zeigen kann.

Die meisten anderen Unterwerfungsgesten sind jedoch ziemlich fein und aus größerer Entfernung kaum oder gar nicht sicher zu erkennen. Beispielsweise neigt sich der Körper leicht nach hinten weg; der Blick ist nicht mehr direkt auf den Gegner, sondern an ihm vorbei, gerichtet; der Kopf neigt sich etwas nach unten, wie bei einer angedeuteten Verbeugung; das Maul ist geschlossen; die Zunge fährt kurz über die Nase; er geht einen, zwei, drei Schritte rückwärts und erstarrt dann wieder; ...

Am leichtesten kannst du die Unterwerfung des Hundes auf größere Entfernung an seinem "Gegner", dem dominanten Hund, erkennen: Der löst nämlich seine Anspannung deutlich sichtbar. Aus dem eben noch stocksteif stehenden und seinen Gegner fixierenden Hund wird, und das kann man auch auf einige Entfernung gut erkennen, wieder ein "weicher", ein beweglicher Hund. Der Rücken ist nicht mehr steif, als wäre er aus Holz geschnitzt, sondern wird flexibel und bewegt sich leicht. Und schon bald darauf geht er, manchmal noch ein bisschen steif, solange er der Lösung nicht traut, dann aber schnell ziemlich entspannt und fließend weich vom Schauplatz der Auseinandersetzung.

Wichtig! Wenn und falls du mit deinem Hund auf die Hundewiese gehst: Beobachte deinen Hund sehr genau!

Auf der Hundewiese und in Interaktion mit vielen anderen Hunden und deren Charakteren kannst du sehr - wirklich SEHR - viel über deinen Hund lernen. Das wiederum wird dir helfen, deine eigenen Erziehungsmethoden zu verfeinern und hier oder da nachzujustieren. Nutze also die Gelegenheit; und beobachte deinen Hund sehr genau!

Auf der Hundewiese lernst du viel über deinen Hund. Beobachte ihn deshalb genau!

Wie verhält sich dein Hund bei der Begrüßung fremder Hunde? Wie spielt dein Hund mit den anderen? Wie verhält er sich in den unweigerlichen kleineren und vielleicht auch mal größeren Raufereien? Zeigt er Dominanz-Verhalten? Und wenn ja: Wie reagieren die anderen Hunde darauf? Nehmen sie es ihm ab? Oder halten sie ihn für einen Dominanz-Hochstapler?

Und nicht zuletzt: Vergleiche das Verhalten deines Hundes anderen Hunden gegenüber mit dem Verhalten deines Hundes dir gegenüber! Gibt es da Unterschiede? Wenn ja: Welche? Und warum könnte das so sein? Was macht der andere Hund anders als du?

Hunde verstehen nun einmal nur die Hunde-Sprache. Deshalb lerne sie wenigstens in den Grundzügen! Dazu braucht es nicht viel, nur ein bisschen gesunden Menschenverstand, etwas Beobachtung und natürlich die Bereitschaft, von deinem Hund zu lernen. Er ist bereit, dir seine Sprache beizubringen. Und er hat dabei sehr viel - aber eben nicht unendlich - Geduld...