Warum Dominanz unserem Hund ein erfülltes Leben gibt --- ein Praxis-Beispiel

Im Abschnitt Warum anti-autoritäre Erziehung nicht funktioniert haben wir uns angeschaut, warum es beim besten Willen nicht ohne Regeln und Grenzen geht. Das bedeutet NICHT; dass wir nun zum totalitären Diktator werden sollen. Im Gegenteil: Wenn sichergestellt ist, dass unsere Autorität nicht infrage gestellt wird, können wir an vielen Stellen ganz entspannt "alle Fünfe gerade" sein lassen.

In diesem Abschnitt schauen wir uns nun an, warum ausgerechnet - und NUR - deine liebevolle, aber konsequente(!) Dominanz deinem Hund ein erfülltes Leben geben kann.

Warum muss ich "der Boss" sein?

Eigentlich wünschen wir uns eine gleichberechtigte Partnerschaft mit unserem Hund, nicht wahr?! Warum wird also immer gefordert, dass "(mindestens1) einer der Boss" sein müsse? Ist das nicht völlig veralteter Quatsch aus längst vergangenen Zeiten? Zeiten mit Prügelstrafe in der Schule und "Ohren-Langziehen" zuhause? Nun, das betrachten wir im Abschnitt Was Rudelführung bedeutet wie gewohnt ganz ausführlich und leicht verständlich.

1) "Mindestens einer" bedeutet: Es gibt keine Obergrenze. Eigentlich sollte JEDER im Haushalt "der Boss" sein. Und das aus einem ganz einfachen Grund: Dein Hund hat verdammt scharfe Waffen, mit denen er ziemlich weh tun kann. Bringen wir ihn also besser nie in die Verlegenheit, sie benutzen zu müssen! Erst recht, wenn Kinder im Haushalt sind.

Praxis-Beispiel: Zwei Hunde im Park...

Stellen wir uns dazu mal zwei typische Hunde im Park vor. Hunde, wie du sie jeden Tag in jedem beliebigen Park erleben kannst:

  1. Hund A erfährt von seinen hauptamtlichen Dosenöffnern keinerlei Dominanz also keine Grenzen, keine Regeln ... er darf einfach leben, wie er will und machen, was er will. Er wird mehr oder weniger anti-autoritär, also gewaltfrei erzogen.
  2. Hund B wächst in Händen auf, die Wert darauf legen, dass der Hund Regeln und Grenzen kennt und einhält. Er wird dominant erzogen.

Ich schätze, den Rest des Bildes kannst du selbst malen. Denn es ist ein alltägliches Bild, das du an jedem beliebigen Tag auf jeder beliebigen Hundewiese und in jedem beliebigen Park erleben kannst. Der Vollständigkeit halber mache ich es hier trotzdem:

Hund A - der anti-autoritär erzogene

Hund A wird an der Leine hinter dem Halter hergeschleift oder - was weitaus öfter passiert - er läuft voraus und der Leinenhalter hat Mühe, am ausgestreckten Arm und mit straffer Leine zu folgen. Der Hund legt sich mit allen Hunden und Menschen im Umkreis an, zerrt an der Leine, bis sein Hals wundgescheuert ist und er vor Heiserkeit kaum noch bellen kann. Und man kann ihn nicht von der Leine lassen, weil er dann erst mal für ein, zwei oder noch mehr Stunden verschwindet. Oder auch nicht: Man weiß es nie so genau.

Überhaupt ist der Hund den Haltern meist so peinlich, dass sie ihn gerade so zu den "leider ja notwendigen" Routine-Gassi-Gängen mitnehmen mögen und den Rest der Zeit am liebsten in der Wohnung "verstecken". Ihn abends mal zum Strand oder in ein Restaurant mitzunehmen, ist völlig ausgeschlossen. Stattdessen bleibt er in "Einzelhaft" in der Wohnung, wenn der Rest des Rudels, also die Familie, ausgeht. Oder er wird, weil er eben so unglaublich kacken-dreist und rotz-frech ist - Keiner weiß, woher das kommt! Der Hund muss geistig gestört sein! Warum haben ausgerechnet wir so einen gestörten Hund? -, irgendwo mit der kurzen Leine an der Heizung angebunden: "Nicht hingucken! Nicht beachten! Der beruhigt sich sonst nie wieder!"

Hund B - der autoritär/dominant erzogene

Hund B ist, wie gesagt, dominant erzogen. Er läuft brav bei Fuß, und nach dem Ableinen verschwindet er nicht auf Nimmerwiedersehen, sondern hält sich immer rund um seinen Leinenhalter auf. Selbst beim Spiel mit anderen Hunden auf der Wiese orientiert er sich immer wieder mit kurzen Blicken an seinem Leinenhalter. Obendrein macht er seinen Halter stolz wie Bolle, weil er sich ohne Aufwand abrufen lässt, wenn er frei herumläuft.

Welcher der beiden Hunde genießt das schönere, das artgerechtere Leben?
[_] Der anti-autoritär erzogene Hund A?
[_] Oder der dominant erzogene Hund B?

Welcher Hund hat wohl eher die Chance, auch mal ohne die lästige und unnatürliche Leine herumlaufen zu können? Welcher Hund wird wohl hunde-gerechter spielen können? Welcher Hund wird öfter die Gelegenheit bekommen, mit anderen Hunden Kontakt aufnehmen zu dürfen? Welcher Hund lebt ... nun, natürlicher und artgerechter?

Zu spezifisch? Wollen wir es allgemeiner machen und die ganze Welt betrachten?

Das oben genannte Beispiel der zwei Hunde A & B lässt sich tatsächlich nahezu beliebig erweitern:

  • Hunde in Dritt-Welt-Ländern und Straßenhunde in Europa haben ohne jede Frage große Überlebenssorgen. Bei Krankheiten hilft ihnen kein Tierarzt. Und der tägliche Kampf ums Futter ist hart und oft auch sehr brutal. Doch KEINER dieser Hunde würde auf die Idee kommen, Türen zu zernagen, (Haus-)Schuhe zu fressen oder andere neurotische Störungen zeigen.
  • Hunde in Deutschland, Frankreich und den USA haben eigentlich keinerlei existenzielle Sorgen; zeigen jedoch auffallend oft gravierende und krankhafte neurotische Störungen. So gravierende, dass davon ganze Industrien, vom Hunde-Friseur über den Hunde-Psychologen bis zum Hunde-Trainer, leben können.

Ganz offensichtlich gibt es also einen Zusammenhang zwischen Erziehung und neurotischen Störungen.

Nun kann man sich fragen, welche Erziehung denn die Straßenhunde so genießen; und ob die Hunde in Dritt-Welt-Ländern denn irgendeine Hunde-Schule besuchen. Und die Antwort ist unzweifelhaft: "Sie genießen keine menschliche Erziehung. Null. Gar keine. Sie können schon froh sein, wenn man sie in Ruhe leben lässt."

Doch das wäre nur die halbe Wahrheit. Denn tatsächlich genießen sie sehr wohl Erziehung. Die des eigenen Rudels (zu dem sich auch Straßenhunde zusammenschließen). Das gilt auch für die "Haus-Hunde" in der Dritten Welt. Auch sie werden im Regelfall den ganzen Tag sich selbst überlassen; müssen sich oft sogar selbst das Futter zusammensuchen, weil sie zu Hause nichts oder nicht genug bekommen.

Ganz offensichtlich gibt es also einen Zusammenhang zwischen MENSCHLICHER Erziehung und neurotischen Störungen.

Unausgeglichene Hunde in reichen Ländern; ausgeglichene Hunde in armen Ländern

Wir können aus dem vorangegangenen Abschnitt also schlussfolgern:

Hunde in reichen Ländern
neigen eher zu neurotischen Störungen,
als Hunde in armen Ländern.
Es ist eine typische "Reiche-Welt-Krankheit",
die die Hunde befällt.

"Warum ist das so?", ist die offensichtliche Frage. "Womit könnte das zusammenhängen?" Und die Antwort ist nicht nett; aber offensichtlich:

Es liegt daran, dass man in den reichen Ländern 'Tierliebe' völlig falsch versteht, seitdem Hunde nicht mehr Arbeits- und Nutz-Tiere, sondern zu Haus-Tieren geworden sind. Es liegt an der "Affenliebe" der Halter, die ihren Hund mit völlig falsch verstandener Tierliebe regelrecht erwürgen und in die Neurosen zwingen.

Denn alles andere kann es nicht sein: Die Hunde bekommen hier bessere medizinische Versorgung, als mehr als zwei Drittel der Menschen auf diesem Planeten. Und auch das Futter ist von ausgesuchter Qualität. Bis hin zu "biologisch kontrolliertem Anbau" der Futterzusätze. Mehr geht nicht. Besser geht nicht. Und "zu gute Medizin" oder "zu gutes Futter" kann es wohl auch kaum sein, nicht wahr?!

Es KANN also NUR AM MENSCHEN selbst liegen, was die Hunde der Dritten Welt und die Straßenhunde einerseits und die Hunde in den reichen Ländern so gravierend unterscheidet...

Quintessenz Den neurotischen Hunden fehlt das gesunde Rudel!

Von welcher Seite wir es auch betrachten; wir kommen immer am selben Punkt an: Den neurotischen Hunden, den Dauer-Kläffern, den Hausschuh-Zerkauern, den an der Leine zerrenden Hunden, den "tauben" Hunden, ... all den angeblich "schwer erziehbaren" und mit zahllosen Macken und Ticks behafteten Hunden in Deutschland fehlt es an einem gesunden und funktionierendem Rudel.

Ein Rudel, das ihnen durch Regeln und Grenzen Vertrauen und Sicherheit gibt. Ein Rudel, das ihnen durch eine ruhige, bestimmte und konsequente Rudelführung die Stabilität gibt, die sie selbst bei den Straßenhunden bekommen würden...

Und - ganz ehrlich - es wäre für mich wirklich überaus spannend (und zweifellos für so manchen angeblich "tierlieben" Hunde-Halter ausgesprochen erhellend), wie Hunde entscheiden würden; wenn sie selbständig und frei entscheiden könnten:

Lieber gutes Bio-Futter und anti-autoritäre (Nicht-)Erziehung? Oder lieber ein gut funktionierendes, stabiles und verlässliches Rudel mit all seinen Regeln und Grenzen der Dominanz & Disziplin, dafür aber Futter aus der Mülltonne oder vom Discounter?

Was denkst du:
Wie würde seine Antwort lauten?