Ist der Hund aggressiv?

Aggression ist eine der am meisten gefürchteten und am meisten falsch verstandenen Handlungen des Hundes. Natürlich fürchtet man sie. Ganz instinktiv, sogar. Denn der Hund hat mit seinen Krallen und Zähnen verdammt scharfe Waffen. Er kann mühelos Knochen durchbeißen, wie dir jeder Hundehalter bestätigen wird. Und er kann mit Leichtigkeit Finger abtrennen und durchaus schwere, ja, lebensgefährliche Wunden reißen. Also ist Aggression ein ziemlich problematisches Ding. Und genau deshalb schauen wir es uns hier nun genauer an.

Warum überhaupt Aggression?

Aggression ist ein soziales Mittel, um Konflikte um alles mögliche - vom Futter bis zum Sexualpartner, von der Rangordnung bis zur Angstbewältigung - zu bereinigen. Gott sei dank hat die Natur dabei berücksichtigt, dass es ziemlich unsinnig ist, von 0 auf 100 direkt in eine Beißerei einzusteigen. Deshalb hat sie allen Lebewesen, die mit scharfen Waffen hantieren, also auch unseren Hunden, eine Aggresions-Eskalation, also eine mehr oder weniger langsame Steigerung der Aggression bis zur Lösung des Konflikts eingebaut.

Die Eskalation der Aggression ist ausschließlich dafür gedacht, dass auch der letzte Vollidiot begreift, dass diese Sache hier in einer Beißerei enden wird, wenn sie nicht vorher geklärt wird.

Sie ist nicht dafür da, damit wir bis zum Äußersten gehen und die Eskalation gezielt und möglichst weit durchziehen können; sondern sie ist dafür gedacht, dass auch wirklich der letzte Vollidiot begreift, dass diese Sache hier in einer Beißerei enden wird, wenn sie nicht vorher geklärt wird.

Wie äußert sich Aggression?

Klar! Wenn er wie wildgeworden bellt, dass sich einem die Nackenhaare sträuben. Und wenn er hinter dem Zaun randaliert, als wolle er uns gleich fressen. Aber gibt's noch mehr Anzeichen? Und tatsächlich: Es gibt eine ganze Palette von Anzeichen, die uns ganz klar sagen sollen: "Hör auf, das zu machen, was du gerade machst! Anderenfalls werde ich dich beißen! Ich will nicht. Deshalb drohe ich ja. Aber wenn ich muss, und wenn du mich zwingst, werde ich es machen."

  1. Der Hund wird still und steif
  2. Er fixiert das Opfer fest mit seinem Blick (Das ist situationsabhängig)
  3. Dumpfes, bedrohlich klingendes Grollen kommt aus seiner Kehle
  4. Das Grollen aus seiner Kehle wird sehr viel lauter und deutlicher vernehmbar
  5. Er zeigt die Zähne (zunächst nur ein bisschen und in kurzen Abständen)
  6. Er knurrt deutlich und zeigt dabei immer deutlicher die Zähne
  7. Er verlagert den Körperschwerpunkt nach vorn und anfangs ganz leicht später immer mehr millimeterweise nach unten; gerade so, als würde er sich auf einen Sprung vorbereiten, der Schwanz geht waagerecht leicht hin und her oder wird gar nicht mehr bewegt.
  8. Er schnellt ruckartig auf das Opfer zu, ohne es jedoch zu berühren
  9. Er berührt das Opfer mit der Schnauze (seltener, meist nur schüchterne oder stark defensive Hunde)
  10. Er drückt das Opfer fester mit der Schnauze (seltener, meist nur schüchterne oder stark defensive Hunde)
  11. Er "droh-schnappt" schnappt also in Richtung des Opfers in die Luft
  12. Er schnappt kurz zu, ohne dass Wunden zurückbleiben
  13. Er schnappt kurz zu und es bleiben kleine Hautabschürfungen
  14. Er schnappt fester zu und es bleiben kleinere Wunden
  15. Er schnappt noch fester zu; es bleiben punktuelle Wunden
  16. Er schnappt in schneller Folge mehrfach zu; dafür etwas weniger fest
  17. Er schnappt in schneller Folge mehrfach zu; nun wieder deutlich fester
  18. Er beißt mehrfach fester zu
  19. Er beißt zu und schüttelt sein Opfer

Du siehst: Bevor der Hund wirklich zubeißt, noch dazu in ernsthafter Verletzungs- oder gar Tötungsabsicht, gibt er eine ganze Reihe von Signalen, die alle dasselbe sagen:

"Höre sofort damit auf!
Anderenfalls werde ich dich beißen!"

Und ja, dann solltest du tunlichst auf ihn hören! Anderenfalls könnte dein Übermut leicht in der Notaufnahme enden. Denn aus dieser Nummer kommt man nicht heraus, wenn man sich (a) nicht auf eine ernsthafte(!) Beißerei einlassen möchte und (b) nicht auf das Deeskalations-Angebot des Hundes reagiert.

VORSICHT! Bevor du dich jetzt todesmutig an die Grenze der Aggression wagst, sei gewarnt: Nicht jeder Hund - und kein Hund jederzeit - eskaliert diese Aggressions-Leiter konsequent durch. Manche dieser Anzeichen findest du auch gleichzeitig oder in vertauschter Reihenfolge. Manche Anzeichen wiederholt der Hund mehrfach; andere zeigt er nur einmal. Und manche überspringt der Hund, wenn er der Meinung ist, dass Eile geboten ist. Ob er also alle oder nur einige Anzeichen zeigt, hängt stark von der Sitation und der Bewertung des Hundes ab.

Einfache Regel Bemerkst du EINES dieser Anzeichen, dann verzichte darauf, die anderen auch noch auszutesten! Nimm einfach an, er sei aggressiv und verhalte dich entsprechend!

EINFACHE REGEL Bemerkst du EINES dieser Anzeichen, dann verzichte darauf, die anderen auch noch auszutesten! Nimm einfach an, er sei aggressiv und verhalte dich entsprechend!

Es ist ein Deeskalations-Angebot! Ein Friedens-Angebot!

"Wie kann, bitte schön, immer massiver werdende Aggression ein Deeskalations-Angebot sein?", fragt man sich da, nicht wahr?! "Ich meine: Der Hund müsste doch nur selbst aufhören zu pöbeln; und schon wäre alles wieder gut. Wie kann er da ein 'Friedens-Angebot' machen?" Schauen wir uns das mal an einem Beispiel an:

Angenommen, du bist ein großer, starker Kerl. So richtig kräftig. Und du hast schon so manche Prügelei zu deinen Gunsten entschieden. Nun kommt dir in einer dunklen Gasse ein widerlicher Typ entgegen. Er streckt ein Messer vor und sagt: "Gib mir all deine Wertsachen!" Du schaust das Messer an und weißt: "Das ist kein größeres Problem. Der Haken ist allerdings: Wir werden das beide nicht unverletzt überstehen."

Also fängst du an, auf den anderen einzureden: "Pass auf! Ich werde dir gar nichts geben. Wenn du dich jetzt umdrehst und gehst, können wir die Sache einfach vergessen. Deal?!" Doch der reagiert nicht auf dein Angebot, sondern wiederholt nur seine Forderung. Also sagst du: "Okay, Freund! Schau mich an! Glaubst du wirklich, du kannst dir hier irgendwas holen und ich werde dabei einfach nur zusehen und dich machen lassen?"

Du merkst, wie dein Gegenüber zögert. Also nutzt du die Gunst der Sekunde: Du machst dich richtig groß; die Schultern breit, ballst die Fäuste und gehst zur Unterstützung deiner Aussage 1, 2 Schritte auf den Typen zu: "Zieh Leine! Hau ab! Und niemand wird verletzt."

Was hast du hier getan? Richtig! Du hast gedroht. Du hast dem Typen klar gesagt, dass er auf diesem Weg gesundheitliche Probleme zu erwarten hat. Auch ernsthafte gesundheitliche Probleme. Doch GLEICHZEITIG hast du ihm ein Friedens-Angebot gemacht: "Geh du deiner Wege; ich gehe meiner. Und niemand kommt zu Schaden."

Exakt dasselbe gilt auch für den aggressiven Hund: Er will nicht beißen. Das wird er nur machen, wenn alles andere versagt. Viel lieber wäre es ihm, wenn sein Gegenüber möglichst rasch Leine zieht. Nur in allerletzter Konsequenz wird der Hund auch seine Zähne einsetzen. Doch selbst dann zunächst noch als Drohung und als, wenn du so willst, ernsthafte Bitte, endlich sein Friedensangebot anzunehmen und dich schleunigst zu verpissen.

Warum hört er aber nicht selbst auf? Ganz einfach. Aus dem gleichen Grund, wie im oben genannten Beispiel: Er ist der Meinung, dass du ihm die Brieftasche klauen willst. Du dringst also in einen Bereich ein, von dem er fest überzeugt ist, dass du dazu keine Befugnis hast. Und allein diese Überzeugung treibt ihn dazu, so zu handeln. Was du dazu denkst; und ob du nun glaubst, dass er Recht hat, oder nicht; spielt dabei nicht die geringste Rolle. Es ist also ALLEIN DEINE AUFGABE, herauszufinden, was der Grund der Aggression ist (Zu nahe? Falsch bewegt? Falsche Körpersprache? etc.) und dann dementsprechend das Friedens-Angebot anzunehmen und selbst zu deeskalieren, indem du die Ursache der Aggression beseitigst. Du! Nicht der aggressive Hund! Der leistet seinen Teil für den Frieden gerade. Dein Beitrag fehlt noch.

Welche Arten bzw. Ursachen der Aggression gibt es?

Aus dem vorangegangenen Abschnitt ergibt sich, dass wir uns endlich den Ursachen der Aggression widmen sollten. Denn wenn wir wissen, warum der Hund aggressiv ist, haben wir alle notwendigen Mittel in der Hand, um die Deeskalation einleiten und damit den Frieden wieder erfolgreich herstellen zu können.

  1. Territoriale Aggression
    Manche kennen es als "Revier-Verteidigung", doch tatsächlich verteidigen Hunde nicht nur ihr Revier, also "Haus & Hof", sondern durchaus auch mobile Dinge, die sie als schutzbedürftig betrachten. Je nach Ausprägung der territorialen Aggression und nach aktueller Situation (etwa dem eigenen Stresslevel) bedrohen sie dann durchaus Freund und Feind gleichermaßen.
  2. Schutz-Aggression
    Manche Hunde zeigen mehr oder weniger ausgeprägte Schutz-Aggression. Dann bedrohen sie Freund und Feind gleichermaßen, wenn sie glauben, ihr zu schützendes Lebewesen (das kann durchaus auch ein anderes Haustier, ja, sogar ein Meerschweinchen oder ein Kanarienvogel, sein) sei in Gefahr oder würde selbst bedroht.
  3. Besitz-Aggression
    Manche Hunde zeigen mehr oder weniger ausgeprägte Besitz-Aggression. Dann beschützen sie schlicht ihren Besitz. Meistens ist es dann ein Lieblings-Spielzeug oder irgendeine andere Lieblings-Sache, wie Decke, Liegeplatz, etc. Auch hier greifen sie durchaus Freund und Feind an, wenn diese die Warnsignale nicht respektieren.
  4. Jagd-Aggression
    Logisch, oder?! Die Jagd-Aggression oder volkstümlicher der "Blut-Rausch" (obwohl es sicher vieles ist, aber kein wirklicher Blutrausch, weil der Hund sich nicht am Blut berauscht, sondern am Erfolg der Jagd selbst), ist eine absolut normale und natürliche Aggression, die der Hund in der freien Natur braucht, seine Beute auch wirklich zu bekommen. Nur in unserer menschlichen Welt stört sie erheblich.
  5. Sexuell stimulierte Aggression
    Auch der zutiefst natürliche Trieb der Fortpflanzung kann von Aggression begleitet werden: Ein Rüde, der eine läufige Hündin riecht, kann durchaus zu aggressiven Mitteln greifen. Genauso kann eine Hündin sich in aggressiver Weise Zugang zu einem Rüden verschaffen wollen.
  6. Soziale Aggression
    Diese Aggression kennen manche als "Dominanz-Aggression". Tatsächlich ist das Aggression die von einem rang-niederen Wesen ausgelöst wird und folglich auch nur von diesem (durch Rückzug) beseitigt werden kann. Wer hier auf Dominanz-Wettkampf setzt, endet schnell im Krankenhaus.
  7. Defensive Aggression
    Die defensive Aggression ist im Grunde nichts anderes als die praktische Umsetzung des Volksmundes "Angriff ist die beste Verteidigung!" Oft, aber nicht immer, wird die defensive Aggression von Angst geleitet; der Hund hat also Angst und weiß sich nicht anders zu helfen, als durch diese defensive Vorwärts-Verteidigung im Sinne von "Komm näher! Dann knallt's!" Alternativ ist die defensive Aggression meist bei schüchternen und unsicheren Hunden zu finden.
  8. Angst-Aggression
    Die Angst-Aggression ist die problematischste aller Aggressions-Arten. Da der Hund in Angst handelt, ist sein Verhalten nicht mehr vorhersehbar. Stattdessen wird er mehr oder weniger erratisch durch die Aggressions-Leiter irren und dabei ständig hoffen, dass die Ursache seiner Angst damit verschwinden möge. Demzufolge ist die Beiß-Gefahr hier auch am allergrößten.
  9. Frust-Aggression
    Ein Hund, der gerade sehr aufgeregt (oder sexuell stimuliert) ist; kann sich in einer Frustreaktion gegen jenen wenden, der ihn vom Erreichen seines momentanen Wunsch-Ziels abhält. Am häufigsten ist es zu erleben, wenn ein Hund sich gerade an der Leine gegen einen anderen Hund wild macht; aber vom Leinenhalter energisch davon weggezerrt wird. Dann kann es passieren, dass der Hund sich in seinem Frust gegen Bein, Arm oder Hand seines Leinenhalters wendet und dort kurz und aggressiv seine Frust-Meinung kund tut.
  10. Umgeleitete Aggression
    Ein Hund, der gerade sehr aufgeregt (oder sexuell stimuliert) und hochkonzentriert auf sein Opfer einwirkt, wird von einem Dritten irritiert. Ganz egal, ob dieser deeskalieren will oder einfach nur zufällig in diese Situation gerät: Es kann passieren, dass sich der aggressive Hund nun gegen diesen Dritten wendet. Und ja, das bedeutet genau das: Es kann passieren, dass dein Hund dir an Bein, Arm oder Hand hängt, wenn du ihn zur falschen Zeit mit den falschen Mitteln aus seiner Aggression herausholen willst, obwohl du gar nichts zur problematischen Situation beigetragen zu haben glaubst.
  11. Schmerz-Aggression
    Das ist eine Aggressions-Art, die uns sehr vertraut ist: Hat ein Hund Schmerzen, wird er logischerweise sehr viel schneller auf alles Mögliche aggressiv reagieren. Das gilt insbesondere, wenn die Situation den Schmerz auslöst und es zu reflexiver Aggression kommt: Du drückst auf eine schmerzende Stelle; und dein Hund reagiert im Reflex abwehrend aggressiv. Er wollte dir nicht weh tun; aber nun fehlt dir ein Finger ... oder so. Nein, ganz so schlimm wird es nicht; aber weh tun und einen gewaltigen Schreck bekommen bleiben nicht aus.

Ein aggressiver Hund steht vor dir? Dann finde schleunigst heraus, welche Aggression sich gerade vor dir abspielt! Sobald du das weißt, kannst du entsprechend handeln und das Friedens-Angebot des aggressiven Hundes annehmen. Und da es wirklich, wirklich, wirklich wichtig ist, hier schnell und sicher erkennen zu können, worum es sich handelt, stelle dir in der betreffenden Situation die folgenden Fragen und beantworte sie so schnell du kannst:

  1. Hat er Schmerzen?
    Hier wird Deeskalation nur auf zwei Wegen funktionieren: Entweder geht der Schmerz weg oder du. Meist ist die Reaktion des Hundes jedoch sehr, sehr heftig: Je nach Intensität des Schmerzes, wird er (fast) alle Anzeichen der Aggression überspringen und direkt zuschnappen. Gerade Tierärzte können davon ganze Arien singen.
  2. Hat er Angst?
    Angst-Aggression ist die problematischste aller Aggressionsarten. Daher musst du hier schnell deeskalierend handeln und weiterem erratischen Handeln des Hundes vorbeugen.
  3. Verteidigt er etwas?
    Territoriale Aggression kannst du nur - und wirklich ausschließlich - durch "Räumen des Feldes" deeskalieren.

Zweifelst du, oder glaubst du, keine Zeit zum Überlegen zu haben, dann nimm stets an, er handle aus Angst, denn davon geht die größte Gefahr für dich aus.

Die häufigsten Aggressions-Ursachen sind Angst & Unsicherheit

Wenn du keinen Plan hast, welche der möglichen Aggressions-Ursachen bei dem aggressiven Hund vor dir zutreffen könnte, dann nimm an, dass es entweder Angst oder Unsicherheit sind. Gerade Hunde, die weniger robuste Erziehung und Führung in ihrem Rudel genießen dürfen, sind mit unvertrauten oder beeindruckenden Situationen schnell überfordert und reagieren darauf erst unsicher, dann verängstigt.

Wie verhalte ich mich bei Aggression richtig?

Wie man sich bei Aggression des Hundes richtig verhält, ist ein ganz eigenes Thema, denn es hängt stark von der Eskalation (siehe ganz oben) und der Art der Aggression (siehe oben) ab. Aber es gibt ein paar grundsätzliche Verhaltensregeln für uns Menschen, die wir beachten sollten.

  1. Nicht weiter eskalieren!
    Ganz egal, um welche Art der Aggression es sich handelt: Wenn du die Aggression bemerkst, dann sieh zu, dass du DEeskalierst! Keinesfalls weiter eskalieren, denn der Hund wird notgedrungen mitziehen. Und am Ende steht im Zweifel eine (blutige) Beißerei, die du in jedem Fall verlieren wirst.
  2. Sofort erstarren!
    Nicht mehr bewegen! Jede Bewegung wird der Hund auf mögliche weitere Eskalation deinerseits prüfen und entsprechend handeln. Daher verzichte von jetzt ab bis zum Ende der Situation auf jegliche heftige Bewegung. Wenn du dich bewegen musst, dann mache es langsam. Nicht in Zeitlupe, aber sehr langsam.
  3. Nicht anschauen!
    Ja, das ist ein unangenehmer Teil, weil wir glauben, dann nicht rechtzeitig mitzubekommen, wenn er uns - natürlich in Tötungsabsicht - anspringt. Das ist UNS in die Gene gepflanzt, denn auch wir waren einst Beute für Raubwild; und nicht wenige unserer Ahnen endeten zwischen den Zähnen von Löwen, Bären oder auch Wölfen.
  4. Nicht beschwichtigen!
    "Du bist ein lieber Hund! Ich weiß das. Ich tue dir nichts. Du tust mir nichts. Okay?" ... das liegt uns jetzt geradezu auf der Zunge. Doch beiße dir auf selbige! JEDES GERÄUSCH, das du jetzt machst, wird der aggressive Hund darauf prüfen, ob du damit zu eskalieren versuchst. JEDES. Kann er es nicht einordnen, so wie dein DROHENDES KNURREN, das du da gerade von dir gibst ("Waaaas? Ich 'drohe' damit?" Ja. Das machst du.), wird er es negativ bewerten. Denn Vorsicht ist nun mal die Mutter der Porzellankiste. Und KEINESFALLS grinse den Hund nun an! Das Zeigen der Zähne ist unter Menschen ein Deeskalations-Signal. Bei Hunden ist es das Gegenteil.
  5. KEINESFALLS SCHREIEN!
    Schreien nimmt der aggressive Hund als Aggression gegen ihn wahr. Er KANN DARAUF NUR mit noch mehr Aggression reagieren. Ihm bleibt keine andere Wahl. Ganz besonders ängstliche Hunde werden dann sogar noch schneller einige Stufen der Aggressions-Eskalation überspringen. Die Folge? Du hast innerhalb der nächsten Sekunden den Hund am Bein hängen, obwohl der viel lieber weggelaufen wäre. Wegen deiner Aggression hat er aber keine Wahl mehr: Jetzt MUSS er es durchziehen.
  6. Nicht weglaufen!
    Hunde sind ihrer Natur nach Jäger. Läufst du davon, löst du mit ziemlicher Sicherheit den Jagd-Reflex aus. Der Hund wird dich verfolgen (er ist IMMER schneller als du!) und stellen. Und dabei wird er unweigerlich zuschnappen.
  7. Gebe dir eine freundlich-defensive Körperhaltung!
    Entspanne die verkrampften Muskeln, so weit es geht. Krieche ein bisschen in dich zusammen, als sei dir sehr kalt. Lächle sanft und nachsichtig, als hättest du es mit einem besonders einfältigen Typen zu tun, doch zeige nicht die Zähne! Richte den Kopf etwa im 45°-Winkel zum Hund und leicht nach unten und beobachte ihn weiter aus den Augenwinkeln. Drehe den Körper leicht ein, so dass du nicht ganz frontal vor dem Hund stehst. Aber stelle dich auch nicht quer zum Hund. Mache keine Geräusche. Stecke zum vorbeugenden Eigenschutz langsam die Hände in die Taschen oder verschränke die Arme vor der Brust.
  8. Wenn du redest: Rede langsam, mit leicht gesenkter Lautstärke und ruhig!
    Versuche, so weit es geht, auf das Reden zu verzichten. Du kannst dabei nur mehr Fehler machen als Gutes bewirken. Doch wenn du redest, dann achte sehr genau auf deine Stimmlage und Lautstärke! Rede langsam und ruhig, als ob es gar keine bedrohliche Situation gäbe. Schrille oder laute Geräusche provozieren den Hund jetzt nur unnötig.
  9. Bringe etwas zwischen dich und den Hund!
    Bringe MIT LANGSAMEN UND RUHIGEN BEWEGUNGEN irgendetwas zwischen dich und den Hund. Dein Fahrrad, ein Motorrad, einen Baum, einen Busch, ... irgendwas. Wenn gar nichts da ist: Deine Jacke, deinen Pullover, einen Regenschirm, ...
  10. Entferne dich LANGSAM RÜCKWÄRTS vom Hund!
    Drehe dich nicht vom Hund weg, sondern gehe mit langsamen und kurzen Schritten RÜCKWÄRTS vom bedrohlichen Hund weg. Schaue ihn dabei immer noch nicht direkt an, sondern beobachte ihn nur aus den Augenwinkeln. Geht er ebenfalls vorwärts, bleibe SOFORT wieder stehen. Warte dann einige Sekunden und versuche anschließend erneut, dich rückwärts zu entfernen. Folgt er dir erneut, warte vor dem nächsten Versuch etwas länger. Der aggressive Hund behält sein Aggressions-Level nicht die ganze Zeit gleich stark bei, sondern es wird schwanken. Nutze die Zeit, in der seine Aggression anscheinend ein bisschen nachlässt. In dieser Zeit wartet er auf dein Gegenangebot. Und das machst du, indem du dich langsam und ruhig entfernst.
  11. Rufe kurz nach dem Halter des Hundes!
    Lasse diesen Schritt aus, wenn der Hund bereits sehr aggressiv wirkt! Wenn du das Gefühl hast, dass der Hund gerade ein paar Sekunden weniger aggressiv wirkt, nutze die Gunst der Gelegenheit und rufe KURZ nach dem Halter: "Hallo! ... Ihr Hund! ..." Kurz! Und NICHT SCHREIEN! Nur so laut rufen, dass der Halter es (hoffentlich) hört, falls er die Situation noch nicht bemerkt hat. Danach schweige wieder. Bewege dabei den Kopf und den Mund so wenig wie möglich.
  12. Greift der Hund dich an: Rolle dich zusammen!
    Greift der Hund dich trotz allem an, dann rolle dich zu einer Kugel zusammen! Ziehe die Beine an die Brust. Drücke den Kopf ebenfalls zur Brust herunter. Schütze mit den Armen deinen Kopf und balle die Hände zu Fäusten zusammen. Und nein: Die allerwenigsten Hunde gehen "auf Kehle". Dein Hals ist jetzt eines der kleineren Probleme. Der aggressive Hund wird in so ziemlich jedes Körperteil beißen, das er zu fassen bekommt, schließlich ist er nicht in Tötungsabsicht aggressiv, sondern fast immer "nur" in Verteidigungsabsicht. Unterschiedliche Rassen bevorzugen jedoch instinktiv bestimmte Körperteile. So fassen Jagd-Rassen bevorzugt gegen Brust und Kopf; während Hüte-Rassen bevorzugt Beine und Arme angehen. Schnappt der Hund in deine Extremitäten, ZIEHE SIE NICHT WEG, solange er sie im Maul hat. Du vergrößerst damit nur die Wunde. Seinen Reißzähnen entreißt du deine Hand, deinen Arm oder dein Bein nur unter Verlust von Fleisch und Sehnen; deshalb sind es ja Reißzähne. Und für ihn ist "Wegziehen" kein Grund loszulassen. Im Gegenteil: Eher wird er noch fester zufassen.

Es ist leicht zu erkennen: So manches Verhalten ist uns vertraut. Das haben wir wirklich noch in den Genen. Anderes müssen wir uns im Falle einer Aggressions-Situation unbedingt bewusst machen, wenn wir erfolgreich deeskalieren wollen. Dabei gilt natürlich: Am Besten gar nicht erst so eine Situation provozieren. Und wenn es schon passiert, dann ist das Zweitbeste, so früh wie möglich zu deeskalieren. Alles andere ist nur ein Spiel mit dem Feuer.

Am Besten gar nicht erst so eine Situation provozieren. Und wenn es schon passiert, dann ist das Zweitbeste, so früh wie möglich zu deeskalieren.