Was bedeutet das Schwanzwedeln?

Wir hatten es ja schon vielfach angesprochen: Hunde sind perfekte Meister der Körpersprache. Fast ihre gesamte Kommunikation findet mit "Pantomime" statt. Lautäußerungen, wie Knurren und Bellen, sind nur begleitende und verstärkende Fakoren.

Schauen wir uns also mal etwas genauer an, was es bedeutet, wenn unser Hund - oder ein fremder Hund - mit dem Schwanz wedelt.

Der große Irrtum "Es ist Freude!"

Oh nein!, das ist nicht falsch. Es ist nur MANCHMAL falsch. Und leider führt das "Manchmal" zu durchaus unangenehmen Überraschungen und gelegentlich sogar zu blutigen Überraschungen.

Natürlich wedelt dein Hund mit dem Schwanz, wenn er sich freut. Doch er wedelt noch aus zahlreichen anderen Gründen mit dem Schwanz. Schließlich ist das sein aktivstes Körperteil in der Kommunikation. Und genauso, wie du deinen Mund als aktivstes Körperteil der Kommunikation benutzt, um Freude auszudrücken, so benutzt du ihn auch, um Warnungen auszusprechen, zu drohen oder sogar aggressiv zu werden.

Wir merken uns also: "Es KANN Freude sein! Muss es aber nicht."

... was kann es denn noch ausdrücken?

Naja, um genau zu sein: Fast alles! Das Wedeln mit dem Schwanz ist bei Hunden vor allem ein Zeichen großer Erregung. Positiver, abwartender, überraschter, beschwichtigender aber auch negativer Erregung. Nochmals, damit es auch wirklich verstanden wird --- Hunde wedeln mit dem Schwanz, wenn sie ...

  • ... sich freuen
  • ... spielen wollen
  • ... sich wundern
  • ... auf das Kommende gespannt sind
  • ... irritiert sind
  • ... unsicher sind
  • ... dich beschwichtigen (beruhigen) wollen
  • ... dir imponieren wollen
  • ... dir drohen
  • ... freudig erregt sind
  • ... sexuell erregt sind
  • ... jagdlich erregt sind
  • ... aggressiv erregt sind

Kurz gesagt: Ihr Schwanz bewegt sich fast immer im Rahmen ihrer Kommunikation. Sie halten ihn eigentlich nur zu relativ wenigen Anlässen still. Etwa dann, wenn sie direkt in der Angriffsvorbereitung sind. Oder wenn sie gerade sehr heftig angespannt sind, beispielsweise, wenn sie voll konzentriert in ein Mauseloch äugen, in dem sie eben noch Bewegung gehört haben. Oder wenn sie ihn vor lauter Angst "eingezogen", also unter den Bauch geklemmt, haben.

Was genau das Wedeln mit dem Schwanz also gerade ausdrückt, hängt IMMER von der Situation ab; und wird ebenfalls IMMER von anderen Signalen der Körpersprache begleitet.

Das Problem? Fehleinschätzungen können weh tun!

Aus der Sicht deines Hunde signalisiert er dir gerade ganz klar: "Bleib mir vom Leib! Sonst werde ich dich beißen!" .... doch du denkst "Oh, sieh nur, er freut sich! Ich werde ihn streicheln!" Wessen Schuld ist es nun, wenn du in der nächsten Sekunde denkst "Scheiße! Wo ist meine Rabatt-Karte für die Notaufnahme? Den Zehner müsste ich diesmal voll haben.", weil der Hund deine Hand gelocht hat?

Der Hund hat dir so klar, wie er nur irgend konnte, gesagt, was er von dir erwartet. Du hast den Fehler gemacht, nicht wahr?! Und um das zu vermeiden, solltest du aufhören, deinen Hund zu vermenschlichen und ihm erlauben, in seiner Sprache - der einzigen Sprache, die er versteht - mit dir zu kommunizieren.

Wie erkenne ich dann, was der Hund wirklich meint?

Wenn du wissen willst, was der Hund, der da gerade schwanz-wedelnd vor dir steht, genau zu sagen versucht, musst du IMMER die gesamte Situation UND die anderen körpersprachlichen Signale des Hundes einbeziehen. Ein Hund spricht NIEMALS nur mit dem Schwanz allein. Er benutzt IMMER auch andere Signale, denn der Schwanz ist nur das erste und auffälligste Signal.

Hilft es, den Halter zu fragen?

Also erstens solltest du den Halter des anderen Hundes IMMER fragen, bevor du den Hund anfasst. Es kann Tausend-und-einen Grund geben, warum es besser ist, die Hände von einem fremden Hund zu lassen; ganz egal, wie niedlich er aussieht.

Und zweitens ist das keine Garantie. Ein verwundertes "Das hat er ja noch nie gemacht.", weil auch der eigene Halter seinen Hund nicht versteht, ist in der Beiß-Statistik gut dokumentiert und hilft dir hinterher auch nur bedingt weiter.

Faustregel Im Zweifel nimm das Schlechteste an!

Es ist - rein rational - immer besser und weniger gefährlich für alle, wenn du einen freudig-schwanzwedelnden Hund irrtümlich nicht streichelst; als wenn du einen aggressiv-schwanzwedelnden Hund deine Hand lochen lässt.

Daher ist die einfachste und beste Regel, die du hier mitnehmen kannst: Wenn du nicht absolut sicher bist, was das Schwanzwedeln gerade bedeutet, dann nimm einfach das Schlechteste an. Lasse den Hund in Ruhe. Beachte ihn nicht. Und im Zweifel mache den Halter des Hundes darauf aufmerksam, dass er seinen Hund besser kontrollieren soll.