Die Reichweite von Kommandos

Wir alle kennen es sehr gut: Eben noch neben uns hört unser Hund ziemlich gut. Aber wehe, er ist 20 Schritte weg. Dann ist er taub wie eine Nuss. Das wirft die Frage auf:

"Warum hört mein Hund manchmal nicht?"

Und wie immer gilt: Sobald man weiß, was geschieht, kann man hervorragend damit arbeiten. Naja, zumindest weiß man, was man machen kann und lassen muss...

Dein Einfluss auf deinen Hund ist eine "Reichweiten-beschränkte" Respekt-Grenze

Die kurze Antwort auf die oben gestellte Frage lautet schlicht: "Dein Einfluss auf deinen Hund ist 'Reichweiten-beschränkt'. Er zeigt dir damit die Grenzen seines Respekts für dich." Je weiter er von dir entfernt ist, desto weniger interessieren ihn deine Kommandos. Dabei gibt es im Wesentlichen 3 Reichweiten-Grenzen, die du dir merken musst:

  1. Die grüne Zone
    Die grüne Zone ist im Grunde die Leinen-Länge; also mehr oder weniger so bis ca. 3-7 Meter. In diesem Bereich bekommst du allen Respekt deines Hundes, den er für dich übrig hat. Und das heißt: Er hört MEISTENS auf deine Kommandos.
  2. Die gelbe Zone
    Die gelbe Zone ist im Grunde die Schleppleinen-Länge; also mehr oder weniger so ca. 5-20 Meter. In diesem Bereich bekommst du noch relativ viel des Respekts deines Hundes, den er für dich übrig hat. Und das heißt: Er hört MANCHMAL auf deine Kommandos.
  3. Die rote Zone
    Die rote Zone ist im Grunde alles jenseits der Schleppleinen-Länge; also mehr oder weniger so ab ca. 10-20 Meter. In diesem Bereich bekommst du nur noch ein bisschen des Respekts deines Hundes, den er für dich übrig hat. Und das heißt: Er hört GELEGENTLICH/SELTEN/NIE auf deine Kommandos.

Alle Angaben sind im "un-angeleinten" Zustand deines Hundes gemeint. Er läuft also ohne Leine frei herum. Sie sollen dir nur die ungefähre Entfernung der Grenze etwas besser verdeutlichen. An der Leine oder an der Schleppleine festgemacht sind die meisten Hunde sehr viel bewusster dabei, wenn es um das Befolgen von Kommandos geht. Dann können sich die Zahlen etwas nach hinten verschieben.

Die tatsächlichen Reichweiten der jeweiligen Zonen hängt extrem davon ab, wie viel Respekt dein Hund für dich übrig hat. Hat er gar keinen, hört er nicht mal an der Leine. Dann sind alle Reichweiten genau oder nahe Null (0). Hat er sehr viel Respekt für dich übrig, dann wird er auch auf 50 oder 100 Meter noch mehr oder weniger gut auf dich hören.

Respekt ist nicht alles. Aber ohne Respekt ist alles nichts.

Aus dem oben Gesagten können wir also zweifelsfrei schließen: "Respekt ist vielleicht nicht alles. Aber ohne Respekt ist alles nichts." Deshalb müssen wir unser Haupt-Augenmerk darauf richten, dass wir uns den Respekt unseres Hundes erarbeiten. Denn je mehr Respekt unser Hund für uns übrig hat, desto weiter reicht unser Einfluss auf ihn.

Achtung! Rasse, Charakter & aktuelle Motivation nicht vergessen!

Die oben genannten Zahlen sind nur grobe Faustregeln für dich, damit du eine Orientierung hast. Logischerweise kommen noch rasse-spezifische "Hörprobleme" dazu. Eine Schutz- und Wach-Rasse wird sehr viel unterordnungsbereiter sein, als eine auf selbständige Arbeit gezüchtete Hüte- oder Jagdrasse. Entsprechendes gilt für den jeweiligen Charakter deines Hundes.

Und als ob das noch nicht genug wäre, spielt auch die aktuelle Motivation deines Hundes eine große Rolle. Hofft er darauf, dass dein Ruf ihm ein tolles gemeinsames Spiel mit dir verheißt, wird er hochmotiviert angetrabt kommen. Ist ihm hingegen langweilig, lässt sich auch ein gut erzogener Hund schon mal eine Weile Zeit, bevor er ein Kommando hört.

Was bedeutet das für uns?

Diese Reichweiten-Grenzen unserer Kommandos zu kennen, hilft uns auf zweierlei Art

  1. Wenn unser Hund (noch) wenig oder gar keinen Respekt hat, können wir uns wiederholte Abruf-Versuche sparen. Hört er nicht auf den 2., 3. oder 4. Versuch, dann wird er auch auf weitere Abruf-Versuche nicht hören. Er ist schlicht außerhalb der "Respekt-Grenze".
  2. Umgekehrt ist dieses "Nicht-Hören" für uns ein permanentes Feedback, wie gut wir unseren Job als Rudelführer machen. Wir nehmen es also als Motivation, diese "Respekt-Grenze" immer weiter und weiter nach außen zu verschieben.