Ich will ja! Aber wo und wie fange ich am besten an?

Das Hauptproblem, mit dem Hundehalter kämpfen, und warum sicherlich auch du jetzt hier gelandet bist, lässt sich leicht zusammenfassen:

"Mein Hund hört einfach nicht auf mich!"

Also bist du nun fest entschlossen: "So kann und wird es nicht weitergehen! Wir müssen an unserer Beziehung arbeiten!" Und direkt danach stellt sich der erste Gedanke ein: "Öhmmmm, .... tja, also ... wie machen wir das am besten? Wo soll ich anfangen? Und wie?" Du willst ja anfangen. Ehrlich. Aber es kommt dir gerade wie ein ungeheuer riesiger, schier unüberwindbarer Berg vor.

"Das habe ich alles schon versucht! Es funktioniert bei meinem Hund einfach nicht. I'schwör!" ... Gehörst du auch zur Ausreden-Fraktion? Dann lies zuerst hier weiter: "Das habe ich alles schon versucht! Bringt nix. Mein Hund ist anders."

Aber du hast den ersten - und wichtigsten! - Schritt bereits getan: Du hast den Mut gefunden, wirklich etwas Grundlegend ändern zu wollen. Du willst endlich das Leben mit deinem Hund führen, von dem du damals geträumt hast, als du ihn dir angeschafft hast: Ein Leben mit einem Freund und Seelentröster, der dich respektiert, und den du respektieren kannst und möchtest.

Wo soll ich anfangen?

Kennst du den Song "Man in the Mirror", der unter anderem auch von Michael Jackson gesungen wurde? Darin gibt es eine Zeile, die zugleich die Antwort auf diese Frage ist:

Englisch: "I'm starting with the man in the mirror. I'm asking him to change his ways. And no message could have been any clearer: If you wanna make the world a better place take a look at yourself, and then make a change."

Deutsch: "Ich beginne mit dem Menschen im Spiegel. Ich bitte ihn, sich zu ändern. Und keine Botschaft könnte klarer sein: Wenn du die Welt verbessern willst, dann beginne bei dir selbst."

Naja, vielleicht heben wir uns das mit der ganzen Welt für später auf. Fangen wir erst mal klein bei UNSERER WELT, der Welt unserer Familie und der Beziehung zu unserem Hund an.

Wir beginnen bei uns selbst!

Bevor wir uns nun gleich mal spontan ins neue Abenteuer stürzen und direkt anfangen, unseren Hund mit neuen Methoden zu konfrontieren; beginnen wir erst einmal bei uns selbst? Okay, das sollte machbar sein, oder?! Damit wäre das "Wo?" bzw. "Bei wem?" schon mal geklärt. ... aber wie? Wie fange ich bei mir selbst an? Was soll ich machen? Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich es nicht schon versucht hätte. Es hat aber einfach nicht geklappt. Was kann ich also anders machen?

... und wie soll ich anfangen?

Auch dazu schauen wir uns ein bekanntes Zitat als quasi ultimativen Wegweiser an. Dieses Mal eines von Edward Hoagland. Der Gute sagte mal Folgendes:

"Freude an einem Hund haben Sie erst, wenn Sie nicht versuchen, aus ihm einen halben Mensch zu machen. Ziehen Sie stattdessen doch einmal die Möglichkeit in Betracht, selbst zu einem halben Hund zu werden." Edward Hoagland

Das ist dir zu vage, zu unbestimmt, zu unkonkret? Dann machen wir es handfester und geben dir eine Job-Ausschreibung:

Guter Rudel-Führer gesucht!

Dort findest du einen Anfang. Und von dort aus wird es immer einfacher und einfacher. Denn schon nach wenigen Tagen(!) wirst du erste Erfolge haben. Und noch ein paar Tage später fühlt es sich immer natürlicher, immer "richtiger" an. Eure Beziehung bekommt völlig neue Impulse. Und schon in wenigen Wochen wirst du einen völlig neuen Hund zu Hause haben.

Versprochen!

Schritt 1 "Wo klemmt's wirklich?" Erst mal in Ruhe nachdenken!

Bevor wir nun frohen Mutes direkt loslegen und überhastet ein Umerziehungs-Bootcamp starten, ist GENAU JETZT der richtige Zeitpunkt, um ... nun ja, ... innezuhalten! Zurücklehnen und unsere Beziehung zu unserem Hund mit möglichst großem Abstand zu betrachten:

Was würde ein Außenstehender sagen?
Warum ist mein Hund so "verhaltensgestört"? Und was genau ist überhaupt an ihm "gestört"?

Hole dir dazu ruhig Hilfe von Freunden und Verwandten! Lasse sie erzählen, was sie an deinem Hund stört. Lasse sie erzählen, was du aus ihrer Sicht falsch machst. Argumentiere nicht, sondern sammle verschiedene Ansichten! Höre dir an, was sie zu sagen haben. Das hilft dir bei der Einschätzung dessen, was überhaupt repariert werden muss.

Liegt's an ihm? Liegt's an mir? Oder woran sonst? Und woran genau? Denn irgendwas muss ja schief laufen. Schließlich haben andere Leute auch Hunde derselben Rasse, die nicht so gestört sind.

Tipp Meistens - nicht immer, aber allermeistens - beginnt es mit mangelhafter Erziehung. Und dann wird es zu einer sich wechselseitig negativ verstärkenden Feedback-Schleife: Der Hund hört nicht. Also macht man noch mehr Erziehungsfehler. Also hört der Hund noch schlechter. Also ... und so weiter.

Nur absolute Ehrlichkeit hilft weiter! Du schuldest niemandem Rechenschaft. Nur deinem Hund, deiner Familie und dir. Also sei absolut ehrlich euch gegenüber!

Schritt 2 Verfüge ich über das notwendige Wissen?

Hier unterscheiden sich die Erziehung von Kindern und die von Hunden erheblich. Und das aus einem einzigen, aber simplen Grund: Hunde sind keine Menschen. Und sie werden es nie.

Kinder können deine Sprache lernen. Denen kannst du die Dinge erklären. Und sie sind imstande, die menschlichen Konzepte, menschlichen Vorstellungen und menschlichen Regeln zu verstehen. Daher funktioniert bei der Erziehung von Kindern viel intuitiv. "Man kann es einfach.", wird dir (fast) jede Mutter bestätigen können. Mühsam anfangs, sicherlich. Und - natürlich - auch mit Fehlern. Aber es geht.

Hunde verstehen hingegen kein einziges menschliches Konzept, keine einzige menschliche Vorstellung, keine einzige menschliche Regel. Sie folgen ihren Instinkten. Und das einzige, was sie überhaupt verstehen, ist IHRE EIGENE SPRACHE. Nicht deine, sondern ihre. Nicht die menschliche, sondern die "hündische".

Deshalb die Frage: "Kennst du dich mit den Instinkten und der Sprache deines eigenen Hundes überhaupt gut genug aus, um erfolgreich Erziehungsarbeit leisten zu können?" Verstehst du seine Bedürfnisse? Verstehst du wirklich, was er dir sagt, wenn er mit dir redet (und das macht er den ganzen Tag fast ununterbrochen)?

Ehrlicherweise müssen wir hier alle sagen: "Nope. Ich bin (so gut wie) raus. Tatsächlich verstehe ich kaum einen Bruchteil seiner Kommunikation."; denn Hunde kommunizieren mit so feinen Signalen, dass wir die meisten davon völlig übersehen.

Ein Beispiel? Dein Hund will dich beschwichtigen, also beruhigen. Was tut er dazu unter anderem? Seine Zunge leckt über seine Nase. Das dauert insgesamt vielleicht 0,5-1 Sekunde; also kaum mehr als ein Augenzwinkern. Für uns ein Signal, das wir leicht übersehen, selbst wenn wir es wahrnehmen. Für den Hund aber schon ein ziemlich deutliches Signal; fast schon ein mit-der-Faust-auf-den-Tisch-hauen-und-verzweifelt-laut-ausrufen: "Ja, siehst du denn nicht, dass ich dich beschwichtigen will?"

Zu unserem Glück sind Hunde aber ausgesprochen geduldig: Wenn wir ein Signal nicht sehen, dann wiederholen sie sich geduldig und zeigen uns noch etliche andere. Aber irgendwas davon müssen wir sehen ... und beachten.

Unmöglich? Keinesfalls! Im Gegenteil. Achte einfach mal eine Zeit lang wirklich super-genau auf deinen Hund. Achte dabei auf jede Veränderung zum "normalen Verhalten". Und du wirst sehr schnell immer mehr und mehr dieser feinen Signale seiner Sprache sehen, erkennen und darauf reagieren lernen.

Eines der wichtigsten Beispiele seiner Körpersprache Dein Hund "erstarrt" mitten in der Bewegung? Er steht stocksteif da, als sei seine Batterie plötzlich leer? Dann sagt er dir: "Hörst/Siehst du das auch? Was machen wir jetzt?" Und dann ist es DEIN JOB herauszufinden, was er meint und - vor allem - schleunigst(!) eine Antwort auf seine Frage finden. Denn wenn du keine Antwort gibst, dann gibt er sie sich selbst. Und schon hast du ein Problem mehr.

Hund leckt sich die Nase
Der Hund in diesem Bild leckt sich nicht die Nase, weil er sich aufs Essen freut. Vielmehr versucht er gerade, den Fotografen zu beschwichtigen, also zu besänftigen. Ganz offensichtlich hat er gerade Angst: Er versucht zu sagen: "Du tust mir nichts, okay?! Mache mir bitte, bitte keinen Stress!"

Hast du das auch erkannt? Denn jetzt ist es erforderlich, dass du entsprechend - richtig und zügig - darauf reagierst, wenn du nachhaltig Vertrauen und Respekt aufbauen willst.

Schritt 3 Eins nach dem Anderen! Vieles kommt von ganz allein.

Du bist sowas von bereit! Du hast dir die wichtigsten Grundlagen der Hunde-Erziehung angeeignet. Und du hast zumindest schon mal eine grobe Vorstellung davon, was du zukünftig anders machen willst. Wenn da nur nicht der scheinbar unüberwindbare Berg an Baustellen wäre ...

Doch an dieser Stelle gibt es endlich mal wieder eine gute Nachricht: Jede Baustelle, die du von jetzt an erfolgreich bearbeitest, sorgt von allein dafür, dass alle anderen Baustellen ganz automatisch kleiner werden. Ja, mehr noch: Viele Baustellen werden sogar völlig verschwinden, bevor du sie überhaupt begonnen hast.

Der anfangs scheinbar so unüberwindliche Berg schmilzt von ganz allein, wie Butter in der Sonne.

Dein Hund will ja gern alles richtig machen. Er muss nur wissen, wie.

Warum? Nun, dein Hund WILL ja gern "alles richtig machen". Er ist ein soziales Rudeltier. Und als solches WILL er sich einfügen und ein gutes Mitglied des Rudels sein. Er wusste nur bisher nicht, wie das "Richtig" NACH DEINEN VORSTELLUNGEN genau funktionieren soll. Schließlich sind es MENSCHLICHE Regeln, die das "Richtig" definieren; nicht hündische. Doch das wird er nun von dir lernen. Und je mehr er von dir lernt, desto besser kann er das Gelernte auch in anderen Bereichen, auf anderen Baustellen anwenden.

... und so hilft dir dein Hund dabei, ihn zu erziehen. Fast wie bei menschlichen Kindern.

Tipp Fange nicht an, alles auf einmal umkrempeln zu wollen. Das überfordert dich nur selbst. Bearbeite stattdessen gezielt eine Baustelle nach der anderen! Beginne bei den Wichtigsten - etwa beim Respekt, als ultimative Grundlage - dann verschwinden viele andere Baustellen wie von Geisterhand allein.

Gib mal Butter bei die Fische!

Jetzt haben wir lang und breit darüber geredet, wie es funktioniert. Es wird Zeit, dass wir ein bisschen Substanz in die Suppe schütten! Nachfolgend findest du ein paar der wichtigsten Themen, die dich tiefer in den Kaninchenbau führen. Suche dir eines aus; klicke darauf ... und wir treffen uns dort zur Fortsetzung wieder.

... und noch ein paar Hintergründe, Erklärungen und Perspektiv-Wechsel; damit du noch besser verstehst, wie es geht.