Leine anlegen? - Der Tanz beginnt.

Jeder Spaziergang beginnt mit dem Anlegen der Leine ... und oft genug mit einem wilden Tanz. Unser Hund weiß, dass jetzt endlich die lang erwartete Abwechslung kommt; ... und er dreht frei: Wildes Hin- und Herrennen, lautes Bellen, kurzes Hinsetzen gefolgt von einer wilden Rennerei, heftiges Anspringen, wenn es nicht schnell genug geht, ... unser Hund kann einiges auffahren, um zu zeigen, wie sehr er sich freut.

Dabei ist schon das Anlegen der Leine ein entscheidender Punkt, mit dem wir uns einen Teil des Respekts unseres Hundes verdienen können. Und das super-einfach.

Wie geht's richtig?

Im Idealfall kannst du deinen Hund rufen, vor dir absetzen; und ihm dann in aller Ruhe Halsband, Geschirr und Leine anlegen, während er geduldig wartet.

Dabei bleibt er die ganze Zeit sitzen und erträgt ruhig und gelassen, dass du an ihm herumfummelst. Erst auf dein Kommando hin steht er auf und wartet, bis du ihn aufforderst, dir durch die Tür zu folgen.

Das klappt so? Wunderbar! Dann brauchst du hier nicht weiterlesen. Denn im Folgenden schauen wir uns etwas genauer an, was man machen kann, damit es so wird, wie es sein sollte.

Warum ist er so wild?

Es gibt drei Hauptgründe, warum unser Hund im Angesicht der Leine ausrastet. Finde heraus, welcher der Gründe am ehesten auf euch zutrifft:

Unser Hund ist der Pascha im Haus. Dann ist sein Verhalten eine Maßregelung, weil das Personal so faul und dumm ist, ihn so lange warten zu lassen, bis es endlich rausgeht.

Oder unser Hund hat den ganzen Tag kaum oder gar keine relevante Aufmerksamkeit bekommen. Gerade sehr aktiven Hunden reicht es keineswegs, ein paar Stunden lang allein im Garten herumrennen zu dürfen. Sie wollen GEMEINSAM im Rudel etwas erleben. Und das zeigen sie dir nun.

Gelegentlich schlägt auch mal der bravste Hund Purzelbäume, wenn es endlich losgeht. Ganz besonders an sehr langweiligen Tagen schlägt er dann mal über die Stränge, bellt, rennt herum, ist schlicht ungeduldig. Hier brauchst du nur echte Dominanz beweisen und prüfst selbst, ob du ihm das durchgehen lassen willst und/oder kannst; oder eben nicht.

Finde ein gutes Maß! Natürlich darf der Hund sich freuen. Doch er soll es nicht übertreiben. Schon gar nicht öfter oder sogar jedes Mal.

Wie bekomme ich ihn ruhig?

Die einfache Antwort: Sei selbst ruhig. Wenn man im Duden "Buddha" nachschlägt, dann steht da dein Name als Definition. Sei tiefen-entspannt. Sorge dafür, dass dich in den nächsten Minuten nichts, wirklich gar nichts aufregt. Schon gar nicht der Hund.

... und dann warte einfach ab. Nimm die Leine und das Halsband oder Geschirr in die Hand, stelle dich an der Wohnungstür auf ... und verharre schweigend. Schaue den Hund nicht an, ganz egal, was er macht. Rede nicht mit ihm; schon gar nicht beruhigend oder, noch schlimmer, aufputschend. Rede einfach überhaupt nicht. Warte nur still und bewegungslos, was abgeht und dass es vorbei geht.

Manchmal dauert es 2, 3 oder auch 10 Minuten. Aber irgendwann wird das Herumgetobe, ohne dass irgendwas passiert, auch dem eifrigsten Hund langweilig. Du merkst es daran, dass er sich VON GANZ ALLEIN absetzt oder sogar ablegt. Dazu braucht es kein Kommando. Jeder Hund macht es. Wirklich absolut jeder. Auch deiner. Du brauchst nur Geduld. Seine Atmung wird tiefer, der ganze Hund entspannt sich deutlich sichtbar. Gerade sonst eher träge Hunde fangen dann schnell an zu dösen.

Dann - und wirklich ERST DANN - bewegst du dich wieder. Doch sprich immer noch kein einziges Wort. Kein Lob, kein Trost, kein Zureden. Nur Schweigen! Und ruhige, sichere Handgriffe. Kein Herumfummeln, sondern sparsame, gezielte Bewegungen, bis Leine und Halsband oder Geschirr da sind, wo du sie haben willst.

Springt der Hund auf, beginnt die Übung von vorn. Du verharrst wieder schweigend und schaust und sprichst den Hund nicht an, bis er sich wieder beruhigt hat.

Nicht die Geduld verlieren! Gerade bei den ersten Malen kann es sich ordentlich hinziehen, bis die Leine am Hund befestigt ist. Selbst 30 Minuten Gesamtzeit sind durchaus möglich, wenn du einen Pöbler hast. Doch es wird jedes Mal besser und schneller gehen, wenn du jetzt nicht aufgibst.

Je mehr ruhige Konsequenz du jetzt zeigst, desto einfacher machst du es euch beiden; desto weniger Wiederholungen braucht ihr, bis es so gut wie jedes Mal auf Anhieb klappt.

So bekommst du die krassen Ausraster in den Griff

Vorweg und in jedem Fall gültig: Du MUSST die Ruhe selbst sein. Jede Aufregung, die du jetzt zeigst, überträgst du auf den Hund und verzögerst damit den Erfolg.

Dein Hund dreht schon durch, wenn du nur zur Tür gehst oder die Leine in die Hand nimmst?

Dann probiere es mal zum Aufwärmen mit einfachem "Kommen & Gehen": Du stehst auf, nimmst die Leine und gehst zur Tür. Da checkst du kurz auf dem Handy, ob dir jemand eine neue Nachricht geschrieben hat. Dann gehst du wieder zum Sofa und schaust weiter fern.

In der ganzen Zeit beachtest du den Hund überhaupt nicht. Du lobst ihn nicht; du tadelst ihn nicht. Du ignorierst ihn so sehr, als hättest du gar keinen Hund.

Das wiederholst du so oft und über mehrere Tage hinweg immer wieder über den Tag verteilt, bis dein Hund es komplett ignoriert ... weil ja sowieso nix passiert.

Du machst dieselbe Übung wie eben: Leine nehmen, zur Haustür gehen. Dort bleibst du stehen und redest ein bisschen vor dich hin. Lies meinetwegen Whatsapp-Nachrichten laut vor. Rede, lache, werde lauter ... aber ignoriere den Hund! Wenn er ankommt, gehst du - ohne ihn zu beachten - einfach wieder ins Wohnzimmer oder in die Küche.

Klappen die beiden vorgenannten Übungen schon ganz gut, legst du noch einen drauf: Du öffnest die Wohnungstür geräuschvoll. (Tritt leicht dagegen, wenn dein Hund eure leise Wohnungstür nicht hört. Oder schließe sie laut und öffne sie sofort wieder.)

Kurz gesagt: Mache deinen Hund neugierig, ob es jetzt endlich losgeht. Ist sein Verhalten im von dir erwarteten Rahmen, kannst du es ja gleich zum Anlass nehmen, wirklich mit ihm loszugehen. Benimmt er sich jedoch daneben, schließt du die Tür wieder, ignorierst den Hund und gehst zurück ins Wohnzimmer, um dort den Film weiterzuschauen, oder so.

Wiederhole diese Übungen anfangs ruhig mehrmals am Tag. Und mache sie zwischendurch immer mal wieder, wenn dein Hund sich bei den Vorbereitungen zum Spaziergang daneben benimmt.

Nach einer Woche (ca. 20-50 Übungen) ist dein Hund wie ausgewechselt und das Anlegen der Leine ein Kinderspiel.

Ich soll sein Fehlverhalten wirklich ignorieren?

Ja, das ist der leichteste Weg. Und es ist der Weg, auf dem man am wenigsten Fehler machen kann. Ignoriere ALLES, was dein Hund falsch macht. Rede nicht mit ihm. Schaue ihn nicht mal an.

Ich darf ihn nicht loben?

Beim Lob ist das Timing extrem wichtig. Nur eine Sekunde zu früh oder zu spät, und du richtest mit einem Lob mehr Schaden als Nutzen an. Außerdem ist deine Stimmlage mega-wichtig. Nur ein kleines bisschen daneben; und dein Hund sieht es als Aufforderung, noch größeren Unfug zu treiben.

Daher ist es das Beste, was du jetzt machen kannst, wenn du einfach gar nicht lobst. Besser gar kein Lob, als ein Lob zur falschen Zeit (es kommt auf eine Sekunde an!) oder in der falschen Tonlage.

Allein die Tatsache, dass du ihn bei richtigem Verhalten überhaupt beachtest, ist schon Lob für den Hund. So kann er sehr viel leichter lernen, wie richtiges Verhalten geht und was genau von ihm erwartet wird.