»Komm her!« - Grundkommando üben

Wir haben es schon im Abschnitt Die 7 Grundkommandos angesprochen: »Komm her!« ist neben »Aus!« das wichtigste Kommando.

Deshalb solltet ihr es immer und immer wieder gemeinsam üben. Jeden einzelnen Tag. Auch dann, wenn es bereits perfekt zu klappen scheint.

Und weil es so mega-wichtig ist, dass dieses Kommando auch in kritischen Situationen stets "funktioniert", schauen wir da mal genauer hin.

Dies ist das schwierigste und komplexeste aller 7 Grundkommandos

Das »Komm her!«-Kommando ist das schwierigste und komplexeste aller 7 Grundkommandos.

Das liegt ganz einfach daran, dass wir den Hund hier "fernsteuern" müssen. Doch das funktioniert nur dann wirklich gut, wenn dein Hund sehr viel positive Energie mit dir verbindet, wenn also eure soziale Bindung schon ziemlich ausgeprägt ist.

Und trotzdem kannst du hier jede Menge Fehler machen, die oft in winzigen Kleinigkeiten bestehen. Eine falsche Körpersprache, eine unangemessene Stimme, der falsche Zeitpunkt fürs Kommando oder einfach nur eines der anderen Fettnäpfchen, die wir im Abschnitt Problemfall: Mein Hund kommt nie, wenn ich ihn rufe erklären ... und - *Zack!* - schon funktioniert das Kommando nicht.

Das wiederum lässt schnell Frust entstehen; was die Erfolgsaussichten des Kommandos immer weiter schmälert.

Kurz gesagt: Gelingt dir dieses Kommando sicher, bist du mehr als fit für alle möglichen weiteren Tricks und Kommandos. Gelingt es dir jedoch auch nach vielem Üben nicht, solltest du nicht verzweifeln oder aufgeben. Prüfe stattdessen dich selbst, was du falsch machst. Das hilft dir und deinem Hund.

Auch kleine Fortschritte sind Fortschritte. Erwarte nicht zu viel von deinem Hund.

Profi-Tipp: Es läuft nicht optimal? Dann prüfe, was DU falsch machst. In den allermeisten Fällen findest du den Fehler am oberen Ende der Leine.

Vorbereitungen fürs Training

Für ein erfolgreiches Training dieses Kommandos brauchst du nicht allzu viel:

  • Eine sogenannte "Schleppleine"

    Ich bevorzuge die 15- oder 20-Meter-Leinen. Doch da musst du natürlich mehr Leine herumschleppen. Ganz besonders bei kleinen Hunden kann das zur Last werden. Aber auch eine einfache Zeltleine oder sogar eine einfache Wäscheleine tun hier hervorragende Dienste.

  • Futterbelohnungen ("Leckerlie")

    Stecke reichlich davon in die Tasche. Du wirst deinen Hund für jeden kleinen Fortschritt belohnen wollen.

  • Jeden Tag 1-2 Stunden Zeit

    Vertrauen gewinnen - und genau das willst du erst mal - braucht seine Zeit. Also wappne dich mit reichlich Zeit fürs Üben.

  • Eine möglichst leere Wiese; fernab von anderen Hunden, groß genug, dass der Hund die Schleppleine voll auslaufen kann (also etwa 30-40 Meter im Durchmesser)

    Wir wollen erst mal Üben. Das klappt am besten, wenn es möglichst wenig Ablenkung gibt.

  • Lies dir noch einmal den Abschnitt Grundwissen - Hunde-Training durch

    ... und beherzige jeden Teil davon! Je weniger Fehler du hier machst, desto schneller wirst du positive Ergebnisse bekommen.

Schritt 1a: Übungsablauf (mit angeleintem Hund)

Auf der Wiese angekommen, wechselst du die normale Führleine zur Schleppleine. Achte darauf, dass der Hund dir beim Leinenwechsel nicht entwischt.

Danach ist erst mal 5-10 Minuten Ruhe angesagt. Du lässt dem Hund freien Lauf an der Schleppleine. Er darf sie voll auslaufen, wenn er will.

Da du dich nicht bewegst, wird deinem Hund schnell langweilig. Er wird vorsichtig anfangen, die Umgebung zu erkunden. ... Darauf warten wir ja nur.

Nun setzt du dein freundlichstes Gesicht auf und rufst mit honigsüßer Stimme deinen Hund EIN EINZIGES MAL mit dem neuen Kommando:

»Carlo ... Komm her!«

Schritt 1b: Fortgeschrittener Übungsablauf (mit abgeleintem Hund)

Dein Hund läuft frei. Du willst ihn abrufen. Das ist die Hohe Schule dieses Kommandos, denn jetzt kommt es darauf an, dass alles zusammenpasst: Dein Hund muss wollen; und du kannst dir keinen Patzer erlauben, wenn es gelingen soll.

Zunächst wartest du auf den "perfekten Zeitpunkt": Dein Hund ist mitten im Spiel. Er hört nix anderes. Er sieht nix anderes. Ihn jetzt zu rufen, bedeutet nur, dass er dich geflissentlich überhört, selbst wenn er dich hört.

Warte darauf, dass dein Hund vom Spiel abgelenkt ist. Idealerweise schaut er dich (kurz, oft nur sehr kurz) an; doch selbst eine andere Ablenkung vom Spiel, etwa ein Geräusch, auf das er horcht, ist willkommen.

Erst jetzt - und wirklich ERST JETZT - rufst du ihn ab:

»Carlo! ... Komm her!«

Schritt 2: Mein Hund kommt zu mir

Dein Hund hört prompt auf das neue Kommando? Glücklicher Zufall oder eine gute Körpersprache bzw. Stimme. Glückwunsch!

Sobald dein Hund bei dir ist, überschütte ihn mit sanften Liebkosungen. Gib ihm ein, zwei, drei Leckerlie. Streichle ihn sanft. Lobe ihn mit sanfter Stimme. ... Kurz: Gib ihm das Gefühl, er sei in einem perfekten Wellness-Hotel angekommen.

Dehne die Liebkosungen aber nicht endlos aus. Alles in allem sollte es nicht mehr als 30 Sekunden dauern.

Danach lässt du deinen Hund wieder in Ruhe und wartest abermals darauf, dass er sich ein paar Schritte von dir entfernt. ... um ihn prompt erneut zu dir zu rufen.

Schritt 3a: Mein Hund kommt NICHT zu mir (angeleinter Hund)

Das ist überhaupt kein Problem. Wir üben gerade ein neues Kommando bzw. ein Kommando, das trotz mehr oder weniger Übung noch nicht gut sitzt.

Zupfe sanft an der Leine, um die Aufmerksamkeit deines Hundes zu bekommen. Sobald er dich anschaut, wiederholst du das Kommando mit honigsüßer Stimme:

»Carlo! ... Komm her!«

Wenn dein Hund nun freiwillig zu dir kommt, machst du bei Schritt 2 weiter: Du überschüttest ihn mit Liebkosungen, sobald er bei dir angekommen ist.

Sollte dein Hund trotz dieses sanften Zupfens nicht zu dir kommen, wiederholst du das Kommendo noch ein weiteres Mal. Wieder mit honigsüßer Stimme. Doch dieses Mal ziehst du die Leine sanft aber unnachgiebig zu dir ... bis dein Hund selbständig zu dir zu laufen beginnt. Dann entspannst du die Leine SOFORT (einfach nur nicht weiter einziehen).

Sobald dein Hund bei dir ist, machst du bei Schritt 2 weiter: Liebkosungen für das brave Befolgen des Kommandos. Gerade so, als wäre er ganz freiwillig und schon beim ersten Rufen zu dir gekommen.

Wie oft muss ich üben?

Dieses Training solltest du jeden Tag ein paar Mal (gefühlt ca. 15-50 Mal im Verlauf von 1-2 Stunden) ins Programm aufnehmen. Ich übe den Abruf mit meinen Hunden ihr ganzes Leben lang. Jeden einzelnen Tag. Ganz beiläufig mehrfach beim Spaziergang und auf dem Hof. Natürlich bevorzugt ohne Leine; doch im Zweifel auch mit.

Mit der Zeit wirst du feststellen, dass dein Hund immer bereitwilliger zu dir kommt, sobald du ihn abrufst. Das kann schon nach 1 Woche und ein paar Dutzend Wiederholungen der Fall sein; das kann aber auch 3, 4 Wochen dauern.

Das ist dann die richtige Zeit, um den Hund (erst mal noch mit angeschlossener Schleppleine, um ihn im Notfall leichter einfangen zu können; später auch ganz ohne Schleppleine) noch weiter laufen zu lassen, bevor man ihn abruft.

Vorsicht! Was auf 5 Meter Entfernung gut klappt, funktioniert bei 20 Metern deutlich schlechter und bei 50 Metern gar nicht mehr. Lasse deinen Hund also nicht allzu weit laufen, solange du nicht wirklich das Vertrauen hast, dass der Abruf klappen wird.

Je häufiger du auch dann noch übst, wenn das Kommando scheinbar sicher klappt, desto sicherer funktioniert der Abruf auch über große Entfernungen und bei intensivem Spiel.

Auch der Respekt deines Hundes dir gegenüber spielt eine GEWALTIGE Rolle. Respektiert dich dein Hund wirklich, dann musst du dieses Kommando niemals benutzen. Er wird zwischendurch immer mal wieder von ganz allein zu dir kommen und "nachschauen, ob alles okay ist".

Trick: »Futter gibt's nur gegen Arbeit!«

An dieser Stelle wechseln wir auf die Dunkle Seite der Macht. Wir benutzen einen Instinkt des Hundes, um schneller zu positiven Ergebnissen zu gelangen.

Dieser Trick ist zwar schmutzig, weil wir die Instinkte des Hundes benutzen, so dass er sich nicht wehren kann; aber nicht "gemein". Vielmehr lassen wir den Hund für sein Futter arbeiten. Das ist mit seinen Instinkten perfekt vereinbar. Und er selbst wird es als sehr positiv erfahren.

Und das geht so:

Wir beginnen den Tag damit, dass wir KEIN FUTTER geben. Den ganzen Tag nicht. Kein bisschen. Wasser geben wir jedoch sehr wohl; so viel der Hund haben will. Nur eben kein Futter.

Wenn der Hund bei den Übungen des Kommandos zu uns kommt (ganz egal, ob von allein oder indem wir ihn herangezogen haben), dann geben wir ihm eine Hand voll von seinem Futter. Nur eine einzige Hand voll. Und selbst die nicht im Übermaß, sondern nur so viel, wie bequem in unsere Hand passt. Doch die darf er mit Genuss vollständig verspeisen.

Tipp: Füttere direkt aus deiner Hand. So begreift dein Hund noch schneller, wer sein hauptamtlicher Dosenöffner ist. Das stärkt eure soziale Bindung deutlich schneller.

Setze die Übungen so lange fort, wie deinem Hund regulär Futter zusteht. Das können leicht 10, 20 oder auch 50 Übungseinheiten werden. Ist das Futter alle, beende auch die Übungen für diesen Tag.

Hunde kommen instinktiv damit klar, "einen Tag lang hungern" zu müssen. (Sie könnten auch 2, 3 oder noch mehr Tage hungern, wenn sie müssten.) Nur Zugang zu Wasser brauchen sie jederzeit und ohne Einschränkungen.

Ich lasse meine Hunde JEDEN TAG für ihr Futter arbeiten. Sie bekommen höchstens 1/3 davon "am Buffet". Den Rest müssen sie sich jeden Tag aufs Neue beim Ausführen von Kommandos und Tricks erarbeiten.

Fortgeschrittener Trick: Öfter mal zwischendurch abrufen

Üblicherweise rufen wir unseren Hund ja nur ab, wenn wir sein Spiel (oder seine einsetzenden Jagd-Instinkte) unterbrechen wollen. Meist leinen wir den Hund obendrein direkt danach an und berauben ihn so seiner Freiheit und seines Spaßes.

Das ist natürlich nicht wirklich lustig; weshalb Hunde durchaus auch dazu neigen, selbst ein gut eingeübtes Abruf-Kommando einige Zeit geflissentlich zu überhören.

Um das zu vermeiden, rufe deinen Hund öfter mal zwischendurch spontan ab!

Dieser Abruf hat keinerlei negative Folgen für den Hund: Er bekommt SELBSTVERSTÄNDLICH sein Lob fürs Kommen. ... Aber er darf gleich wieder abzischen und weiterspielen. Einfach so. Direkt, nachdem er von dir liebkost wurde, schickst du ihn mit » Lauf!« wieder weg. (Oder du bietest ihm ein eigenes Spiel an, das ihr zusammen spielen könnt.)

Auf diese Weise verwischt sich der negative Aspekt des Abrufens für deine Hund so sehr, dass er nie weiß, was du machst, wenn er bei dir ist: Gibt's Leckerlie und danach ein anderes tolles Spiel? Oder müssen wir weiter; werde ich gar angeleint?

Damit unterstützt du die Bereitschaft deines Hundes, bei JEDEM Abruf auf dich zu hören.

Fehler: "Welpen-Bonus"

Das Training mit Welpen und sehr jungen Junghunden erscheint auf den ersten Blick sehr viel einfacher: Sie entfernen sich zwar; doch sie kommen wie von Zauberhand von allein zurück. Ganz ohne Kommando; oder gleich beim ersten Abrufen. Also lassen wir ihnen ganz automatisch immer mehr Freiraum, weil wir auf den "Welpen-Bonus" hereinfallen.

Diese (nicht erzogenen/trainierten) Hunde gewöhnen sich aber mit der Zeit an den hohen Grad von Eigenständigkeit: Sie selbst entscheiden, wie weit sie laufen. Und sie selbst entscheiden, wann sie zu dir kommen.

Verwechsle dieses Verhalten nicht mit "Gehorsam"!

Tatsächlich ist das ein instinktives Verhalten, das ihnen den Schutz des Rudels empfiehlt, sobald sie neue Geräusche hören oder anderes Fremde als bedrohlich wahrnehmen. Dann kommen sie ganz automatisch zu dir zurück.

Dieser Instinkt schwächt sich aber mit zunehmendem Alter fast völlig ab. Wenn du also nur darauf vertraust, dann hast du schon in 1, 2 Jahren einen Hund, der sich einen Dreck um deine Abruf-Kommandos kümmert, weil du es nie richtig mit ihm geübt hast. Und weil er darüber hinaus noch "gewohnheitsmäßig" selbst festlegt, wann er zu dir zurückkommen will, hast du es am Ende DOPPELT SCHWER, wenn du ihm nun das sichere Ausführen des Kommandos beibringen willst.

Fehler: Ungeduld, Wut oder Zorn

Werde beim Üben von Kommandos mit deinem Hund NIEMALS ungeduldig. NIE. MALS. ABSOLUT NIE.

Dein Hund ist clever. Er wird schon herausfinden, was du mit dem Kommando erreichen willst. Es braucht nur eben seine Zeit. Genauso, wie auch du für manche Dinge mal mehr mal weniger Zeit brauchst.

Doch wenn du ungeduldig oder gar wütend oder zornig wirst, dann erreichst du nur das Gegenteil: Dein Hund WILL NICHT zu dir kommen. Er will instinktiv in der Entfernung abwarten, bis du dich beruhigt hast.

Und wenn du häufiger "ausrastest", dann wird er dieses Kommando zunehmend mit "Bestrafung" verbinden. Und niemand - auch du nicht - läuft freiwillig los, um sich bestrafen zu lassen.

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