Impulskontrolle: Übung - »Warte (an der Tür)!«
Dominanz-Training für den Hund - Hunde erziehen mit der Impulskontrolle

Diese Übung gehört zu unserer Trainingsserie Impulskontrolle.

Mit dieser Übung bringen wir unserem Hund bei, sich ein bisschen zu gedulden (lies: zu warten). Dazu etablieren wir ein neues Kommando, das wir hier

»Warte!«

nennen. Du kannst aber - wie immer - jedes beliebige EINZIGARTIGE Kommando-Wort dafür benutzen. Wenn du also möchtest, kannst du auch »Ich zuerst!« oder etwas anderes hier einsetzen.

Es ist hilfreich, wenn du die Übung »Schau mich an!« bereits erfolgreich trainiert hast und dein Hund sie auch (mehr oder weniger) sicher beherrscht. Zumindest wäre es gut, wenn er dich schon mal anschaut, sobald du seinen Namen sagst. Es müssen ja nicht gleich 30 Sekunden sein.

Hilfreich ist ebenfalls, wenn dein Hund das »Sitz!«-Kommando bereits sicher(!) beherrscht. Aber erforderlich ist auch das nicht unbedingt.

Ziel der Übung

Am Ende dieser Übung haben wir folgendes Ziel erreicht:

  1. Unser Hund wartet (auf Kommando oder freiwillig) an der Tür, bis wir durchgegangen sind.
  2. Unser Hund folgt uns erst nach dem »Komm!«-Kommando durch die Tür.

Dauer des Intensivtrainings? Je nach Charakter und Grad der bereits vorhandenen Respektlosigkeit des Hundes wird diese Übung ca. 1-2 Wochen täglicher Übung benötigen.

Der Nutzen im Alltag

Bei dieser Übung handelt es sich um die Kontrolle des Vorwärts-Impulses unseres Hundes. Damit ist sie sehr vielseitig einsetzbar.

Ganz besonders ist diese Übung geeignet, um das Drängeln an der Tür, etwa beim Losgehen zum Spaziergang, aber auch beim Empfang von Besuch in der Wohnung, unter Kontrolle zu bringen.

Im Grunde kannst du diese Übung an jede beliebige Situation, in der du deinen Hund warten lassen möchtest, anpassen. Sie ist also eine vereinfachte Variante des »Bleib!«-Kommandos.

Vorbereitung

Leckerlie: Wie fast immer brauchen wir auch hier ein prall gefülltes Säckchen mit Leckerlie. (Alternative: Hier kann sich der Hund einen Teil seiner "normalen Tagesration" an Futter verdienen.)

Leine? Yep. Bei dieser Übung brauchen wir keine Bewegungsfreiheit. Eine normale Leine ist perfekt.

Ruhe: Diese Übung muss zwingend mit sehr geduldiger Ruhe ausgeführt werden. Je unruhiger unser Hund ist, desto mehr Ruhe müssen wir selbst bewahren.

Konsequenz & Geduld: Natürlich! Wie immer. Nie laut. Aber immer geduldig Disziplin einfordernd.

Profi-Tipp: Hunger! Ein hungriger Hund ist ein gelehriger Hund. Gib deinem Hund vor dieser Übung 12-24 Stunden lang nichts zu fressen. (Wasser bekommt er jedoch so viel er will!)

Ort der Handlung: Wähle zum Üben einen Ort aus, an dem der Hund besonders impulsiv nach vorn stürmt. Typischerweise ist das die Wohnungstür oder das Hoftor auf dem Weg zum Spaziergang.

Wir gehen nachfolgend von der Wohnungs- bzw. Haustür als "Tatort" aus.

Beginn der Übung

Da wir an dieser Stelle den Vorwärts-Impuls unseres Hundes in den Griff bekommen wollen, sollte er ruhig aufgeregt und aufgedreht sein. Wir selbst brauchen allerdings große Ruhe und Geduld. Wähle also gerade am Anfang zum Üben nur Tage, an denen deine Nerven besonders stark sind.

Wir leinen unseren Hund an und positionieren uns mit unserem Hund in der Wohnung von innen an der Haustür.

Typischerweise dürfe dein Hund genau jetzt sehr aufgeregt darauf warten, dass die Tür endlich aufgeht. Vielleicht hopst er gerade um dich herum; vielleicht winselt er vor Aufregung schon; vielleicht steht er wie ein gespannter Bogen in den Startlöchern, um sich gleich an dir vorbei drängeln zu können.

Schritt 1: »Warte!«

Wir schauen unseren Hund ernst - aber NICHT böse - an und sagen fordernd und leise das Kommando:

»Warte!«

Dann warten wir still ab. Kein weiteres Kommando. Kein weiteres Geräusch. Keine Bewegung. Nur still dastehen und den Hund beobachten.

Übung 1 (»Schau mich an!«) schon durchgezogen und erfolgreich etabliert? Dann sage zuerst den Namen des Hundes, gefolgt von einer Pause (ca. 5 Sekunden), gefolgt vom Kommando »Warte!«

Schritt 2: Warten, warten, warten, ...

Wir machen nichts anderes als still und geduldig abzuwarten, was der Hund nun macht. Der überlegt gerade, was denn neuerdings mit dir los ist; und warum jetzt nicht - wie sonst immer - sofort die Tür aufgeht. Es kann also eine Weile dauern, bis er feststellt, dass du es ernst meinst.

Irgendwann - meist so nach 1-5 Minuten - löst der Hund seine Anspannung ein bisschen (es passiert ja nix). Nun wird seine Körperhaltung sich DEUTLICH SICHTBAR entspannen. Er beginnt, "sich in der Gegend umzuschauen". Und irgendwann setzt oder legt er sich hin. Ohne weiteres Kommando. Nur wegen der Langeweile. Du musst nur lange genug still abwarten.

DARAUF haben wir gewartet.

Schritt 3: Belohnen! Aber richtig!

Sobald der Hund sich von allein(!) hingesetzt oder hingelegt hat, belohnen wir ihn kurz, sanft und liebevoll: »Guter Junge!« bzw. »Gutes Mädchen!« und stopfen ein Leckerlie in den Hund.

Wichtig: Das verbale Lob kommt SOFORT mit dem Hinsetzen. Das Leckerlie gibt's aber nur, wenn der Hund sitzen bleibt.

Wichtig: Du musst dabei absolut gechillt sein. Je "schläfriger" du hier bist, desto größer ist der Lernerfolg deines Hundes. Lobe also so, als würdest du dabei einschlafen. Und bewege dich auch beim Leckerlie-Geben nur im allernötigsten Maß. Mache keine Bewegung zuviel. Und mache auch diese Bewegungen super-ruhig und langsam. Aber achte darauf, dass dein Hund nicht aufspringen und "dir entgegen kommen" muss, um das Leckerlie schnell zu bekommen.

Probleme & Lösungen für Schritt 3

Falls dein Hund sehr aufgedreht ist, kann es passieren, dass er bei oder nach dem Lob wieder aufspringt. Sollte das passieren, erstarren wir wieder und kehren in derselben Sekunde zum Schritt 2 zurück.

Diese Ausfälle sind völlig normal. Dein Hund lernt gerade ein Alternativ-Verhalten. Das dauert durchaus etliche Übungsdurchläufe, bis er es kapiert hat. Im Regelfall - und vorausgesetzt, du bist die Ruhe selbst - begreift der Hund es aber sehr schnell. Schließlich passiert überhaupt nichts anderes.

Erfolgskontrolle für die Schritte 1-3

An dieser Stelle haben wir folgendes erreicht und können es jederzeit reproduzieren:

  1. Unser Hund setzt oder legt sich selbständig beim Kommando »Warte!« ab.
  2. Das Absetzen bzw. Ablegen kommt innerhalb von 10 Sekunden nach unserem Kommando.

Der Hund muss sich nicht sofort setzen oder ablegen. Er sollte aber sofort nach dem Kommando »Warte!« deutlich sichtbar körperlich entspannen und weniger konzentriert auf die Tür schauen.

Perfekt ist dieser Übungsabschnitt, wenn der Hund uns nach dem »Warte!«-Kommando mindestens 10 Sekunden lang ununterbrochen anschaut. (vgl. Übung »Schau mich an!«) Aber "Perfektion" ist nicht unser Ziel. Noch nicht. Das heben wir uns für später auf.

Schritt 4: Es geht endlich los! ... Oder?!

Wir wiederholen die Schritte 1-3, nur mit immer weiter gesteigerten Anforderungen: Wir fassen den Türgriff an. Nicht mehr: Nur anfassen!

Wie reagiert unser Hund?

Er springt auf und man sieht ihm die Sprechblase über dem Kopf an: »Na endlich! Ich dachte schon, wir gehen gar nicht mehr.« Dann erstarren wir erneut (mit dem Türgriff in der Hand) und kehren zu Schritt 2: Warten, warten, warten, ... zurück.

Negative Verstärkung: Du kannst an dieser Stelle die negative Verstärkung mit einem kurzen und scharf gezischten »Nein!« nutzen, um den Lernerfolg zu beschleunigen. Doch nur EIN EINZIGES MAL! Nicht mehrmals!

Das ist, wie gesagt, kein Problem. Er lernt gerade neues Verhalten. Und wir müssen es ihm in kleinen Schritten beibringen. Da der Hund aus den Schritten 1-3 schon gelernt hat, dass Aufregung an dieser Stelle nichts nutzt, wird er sich sehr schnell (oft schon innerhalb von 10 Sekunden) beruhigen und wieder absetzen. (Nicht vergessen: Dafür bekommt unser Hund verbales Lob und Leckerlie!)

Er bleibt sitzen, spannt aber sichtbar an. Auch jetzt verlegen wir uns auf das Warten, bis unser Hund wieder DEUTLICH SICHTBAR entspannt. (siehe Schritte 2 und 3)

Er bleibt sitzen, und es macht nicht den Anschein, dass er gleich losflitzen will. Dafür belohnen wir den Hund. (siehe Schritt 3: Belohnen! Aber richtig!)

Erfolgskontrolle für Schritt 4

An dieser Stelle können wir mit unserem Hund folgende Schritte absolut sicher reproduzieren:

  1. Unser Hund setzt sich nach dem »Warte!«-Kommando selbständig ab.
  2. Unser Hund bleibt auch beim Griff nach der Türklinke sicher und ruhig sitzen.

Auch hier gilt: Perfektion kommt später. Dein Hund darf durchaus die Tür anstarren. Doch er sollte dich wenigstens zwischendurch immer mal wieder anschauen.

Und der Hund darf an dieser Stelle keine klaren Anzeichen von Anspannung zeigen. Vielmehr soll deutlich zu sehen sein, dass er bereit ist, auch noch 2, 3 oder auch 5 Minuten mehr oder weniger geduldig zu warten.

Schritt 5: Wir öffnen die Tür. Einen kleinen Spalt breit.

Abermals steigern wir die Anforderungen an unseren Hund: Jetzt öffnen wir die Tür einen winzigen Spaltbreit.

Öffne die Tür wirklich nur so weit, dass der Hund absolut sicher nicht durchpassen würde. 1-2 Zentimeter reichen am Anfang völlig aus. Nach jedem guten Durchlauf öffne die Tür einige Zentimeter mehr. Nach jedem schlechten Durchlauf mache sie beim nächsten Mal ein bisschen weniger weit auf.

Und wieder warten wir auf die Reaktion des Hundes: Springt er auf? Spannt er an? Oder bleibt er ruhig?

Unser Ziel ist: Ruhe bewahren! Darauf arbeiten wir auch jetzt hin. Beim leisesten Zweifel an seiner Ruhe kehren wir (mit der leicht geöffneten Tür in der Hand) zu Schritt 2 zurück.

Schritt 6: Die Tür ist ganz auf

Mit den Wiederholungen des Schritts 5 haben wir die Tür jedes Mal ein bisschen weiter aufmachen können. Mittlerweile sitzt unser Hund auch bei völlig offener Tür.

Also steigern wir die Anforderung an ihn ein letztes Mal: Wir gehen selbst durch die Tür.

Anfangs sind Erleichterungen erlaubt: Wir wenden den Blick NICHT von unserem Hund ab. Und wir drehen uns frontal zum Hund. Dann gehen wir langsam rückwärts durch die Tür.

Sobald der Hund Anzeichen macht, uns folgen zu wollen (also noch bevor er überhaupt aus dem Sitz oder Platz hochkommt!), bleiben wir SOFORT stehen und nehmen die fordernde Körperhaltung ein. Ein einziges(!) scharf gezischtes »Nein!« und ein deutlicher Schritt auf den Hund zu können diese Forderung unterstützen.

Wichtig ist dann aber auch, dass der Hund SOFORT belohnt wird, wenn er sich wieder absetzt. (siehe Schritt 3 Belohnen! Aber richtig!) So lernt er schneller, was wir haben wollen und was nicht.

Im weiteren Verlauf der Wiederholungen dieses Schritts werden jedoch sämtliche Erleichterungen nach und nach abgebaut. Schließlich wollen wir nicht für immer "rückwärts durch alle Türen" laufen müssen, nicht wahr?!

Erfolgskontrolle für Schritt 6

Schritt 6 ist erfolgreich abgeschlossen, wenn jetzt folgendes IMMER gelingt:

  1. Unser Hund setzt sich nach dem »Warte!«-Kommando selbständig ab.
  2. Unser Hund bleibt auch bei offener Tür sitzen.
  3. Unser Hund bleibt auch sitzen, wenn wir - ohne ihn weiter zu beachten - durch die Tür gehen.

Nicht zu viel verlangen! Erfolg ist wichtiger als Geschwindigkeit! Wenn du zu schnell zu viel von deinem Hund verlangst, gefährdest du nur den Gesamterfolg dieser Übung. Kehre lieber zu früh als zu spät zu früheren Schritten dieser Übung zurück!

Schritt 7: »Komm!«

In diesem letzten Schritt erlauben wir dem Hund, uns zu folgen. Dazu benutzen wir das »Komm!«-Kommando, mit dem wir den Hund auch aus dem »Bleib da!«-Kommando erlösen und abholen (oder ihn einfach so zu uns rufen; wenn wir hier dasselbe Kommando verwenden wollen).

Der Hund sollte jetzt eigentlich bis zu dir aufschließen und dann bei dir bleiben. Zumindest ist das das Ziel des »Komm!«-Kommandos aus solchen Situationen. Aber das ist im Zweifel eine andere Baustelle für einen anderen Tag...

Hier und jetzt sind wir zufrieden, dass unser Hund freiwillig auf uns wartet, wenn wir

»Warte!«

sagen. Und deshalb üben wir das von heute an JEDEN TAG und bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Fehler 1: Unsere Ungeduld

»Das kann doch nicht so schwer zu begreifen sein!«, denken wir, und versuchen unserem Hund den gesamten Ablauf in einem Zug oder in größeren Schritten beizubringen.

Doch für unseren Hund ist das eine gigantische Herausforderung. Und sie ist umso größer, je ritualisierter vorher das andere Verhalten war.

Wenn unser Hund also schon über viele Monate oder sogar Jahre immer aufgeregt an der Tür herumhopste und vor uns durch die sich öffnende Tür schlüpfte, ist eine Verhaltensänderung durchaus mit einer Diät beim Menschen zu vergleichen: Man will ja wirklich; ... aber es fällt so verdammt schwer, diszipliniert zu sein.

Deshalb bleibe bei den kleinen Schritten! Und übe jeden Schritt so lange, bis er wirklich sicher funktioniert. Auch dann, wenn es 2, 3 oder noch mehr Wochen dauert, bis es endlich im Ganzen klappt.

Erfolg ist wichtiger als Geschwindigkeit! Wenn du zu schnell zu viel von deinem Hund verlangst, gefährdest du den Gesamterfolg der Übung!

Kleine Schritte! Viele Wiederholungen! Das Erfolgsgeheimnis ist geduldige Konsequenz. Mache viele kleine Schritte. Und wiederhole jeden Schritt, bis der Hund sicher weiß, was jetzt von ihm erwartet wird.

Fehler 2: Kein Lob für richtiges Verhalten nach einem »Nein!«

Das »Nein!« ist eine sogenannte "negative Verstärkung". Wir SAGEN unserem Hund also, dass er gerade etwas Unerwünschtes macht. Dafür sollten wir im Gegenzug aber SOFORT positiv reagieren, wenn unser Hund sich richtig verhält.

Warum? Unser Hund erkennt das scharf gezischte »Nein!« sehr deutlich. Das kannst du deutlich an seinem "verdutzten Zögern" ablesen, sobald du das »Nein!« aussprichst.

Wir sagen scharf »Nein!« Der Hund denkt: »Okay?! So also nicht?«

Er stutzt und überlegt: »Wie dann?« Und er probiert nun alternatives Verhalten aus: »So? ... Oder so? ... Oder so? ... Was willst du von mir?«

Mit dem Lob für das erwünschte Verhalten sagen wir dem Hund: »Genau das, was du jetzt gerade machst! Das ist okay!«

Also versteht dein Hund: »Er/Sie sagt 'Nein!'? Na dann probiere ich mal das als Allererstes, wofür ich danach zuletzt gelobt wurde.«

Et voila! Schon haben wir unseren Lernerfolg verbessert und uns beide - Hund und Halter - stolz gemacht.

Kein schlimmer Fehler! Die positive Verstärkung (Lob) nach der negativen Verstärkung (»Nein!«) ist NICHT ZWINGEND erforderlich. Sie beschleunigt jedoch den Lernerfolg dramatisch.

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