Impulskontrolle: Übung 3 - »Lass das!«

Ziel der Übung

Am Ende dieser Übung haben wir folgendes Ziel erreicht:

  1. Unser Hund "ruckt" nicht mehr (so oft) in die Leine, wenn er etwas außerhalb der Leinenreichweite haben will.
  2. Unser Hund nimmt an der Leine (öfter) Blickkontakt zu uns auf.

Warum nicht "immer"? Nun, du KANNST ein "immer" daraus machen. Aber das erfordert SEHR(!) viel konsequentes Training dieser Übung. Ein "fast immer" und sogar ein "oft" ist jedoch schon ein großer Fortschritt, nicht wahr?!

Der Nutzen im Alltag

Diese Übung ist eine Leinen-Übung. Bei halbwegs konsequentem Training wirst du schon sehr bald eine deutliche Entlastung des "Leinen-Schultergelenks" spüren:

Dein Hund rennt nicht mehr jedes Mal in die Leine, wenn er irgend etwas Interessantes sieht. Stattdessen wird er dich öfter mal mit fragendem Blick um Erlaubnis bitten, näher an das Interessante herangehen zu dürfen.

Vorbereitung

Leckerlie: Hier brauchen wir einige, doch nicht allzu viele Leckerlie. (Alternative: Hier kann sich der Hund einen Teil seiner "normalen Tagesration" an Futter verdienen.)

Leine? Yep. Eine normale Leine ist perfekt.

Möglichst Gurtzeug verwenden! Bei dieser Übung wird der Hund sich in die Leine stemmen. Ein Halsband kann nachhaltige Schäden an der Halswirbelsäule des Hundes verursachen. Das gilt insbesondere, wenn der Hund hart in die Leine rennt und dann von ihr "herumgerissen" wird.

Ruhe: Diese Übung muss zwingend mit sehr geduldiger Ruhe ausgeführt werden. Je unruhiger unser Hund ist, desto mehr Ruhe müssen wir selbst bewahren.

Konsequenz & Geduld: Natürlich! Wie immer. Nie laut. Aber immer geduldig Disziplin einfordernd.

Profi-Tipp: Hunger! Ein hungriger Hund ist ein gelehriger Hund. Gib deinem Hund vor dieser Übung 12-24 Stunden lang nichts zu fressen. (Wasser bekommt er jedoch so viel er will!)

Beginn der Übung

Diese Übung erfordert keinerlei Aufbau oder Einstimmung. Du kannst sie JEDERZEIT sofort beginnen.

Voraussetzung: Dein Hund ist an der Leine. Ihr steht gerade irgendwo herum. Auf einer Wiese, auf dem Weg, auf dem eigenen Hof.

Schritt 1: Leckerlie werfen

Du wirfst ein Leckerlie außerhalb der Reichweite deines Hundes auf die Wiese oder den Weg. (Leinenlänge beachten!)

Dein Hund bemerkt es und stürmt natürlich darauf zu.

Alternative bzw. Variation: Grundsätzlich kannst du dieselbe Übung IMMER machen, wenn dein Hund die Leine strafft. In dieser Beschreibung geht es jedoch um den impulsiven Affekt des "Sofort-Haben-Wollens", den wir einbremsen und dominieren wollen.

Schritt 2: Standhaft bleiben!

Bereite dich darauf vor, dass dein Hund dich gleich umzureißen versucht! Und bleibe standhaft! Rühre dich einfach nicht. Kein Stück.

Kein Wort. Kein Geräusch. Keine Geste. Entspannte Körperhaltung (so weit es unter dem Leinenzug des Hundes eben möglich ist). Entspannte Mimik. Bleibe still stehen und schaue den Hund stumm an. Und warte.

Dein Hund grübelt in diesen Sekunden über einem Plan, wie er dich an der Leine so weit ziehen kann, dass er das Leckerlie erreicht. Warte geduldig! Es kann durchaus eine ganze Minute oder sogar noch länger dauern.

Schritt 3: Warten auf die Entlastung der Leine

Achtung! Das Timing muss stimmen! Irgendwann wird dein Hund die Leine doch lockern. Entweder, weil er seinen Plan aufgibt (was sogar perfekt wäre); oder weil er "Luft holen" will.

GANZ EGAL, WARUM: In dem Augenblick, in dem die Leine sich DEUTLICH lockert, rufst du EIN EINZIGES MAL seinen Namen: »Florentina-Delhi-Harmony!«

Gerade laut genug, dass der Hund es hören kann. Und mit super-lockender, honigsüßer Stimme.

Was bedeutet "deutlich lockern"? Nun, KEIN ZUG mehr auf der Leine. Null. Gar keiner.

Der Hund zieht immer noch, nur weniger? Dann warten wir weiter. Kein Wort. Keine Bewegung. Nur warten, bis die Leine komplett entlastet ist. Das WIRD passieren. Es dauert nur manchmal etwas länger.

Den Hund interessiert es nicht, dass du ihn EIN EINZIGES MAL rufst? Warte etwa 1 Minute. Dann rufe noch einmal seinen Namen. (Wiederhole das 1-Minute-Warten-Dann-Namen-Einmal-Rufen; bis du Erfolg hast. Das wird garantiert geschehen. Habe einfach Geduld! Manchmal dauert es - gerade am Anfang - 5, 6 oder noch mehr Minuten.)

Schritt 4: »Schau mir in die Augen, Kleines!«

Wenn du die Übung 1 (»Schau mich an!«) unseres Impulskontroll-Trainings schon erfolgreich absolviert hast, dann WIRD dein Hund dich jetzt ganz sicher anschauen.

Wenn du diese Übung noch nicht gemacht hast, KÖNNTE dein Hund dich jetzt anschauen.

In jedem Fall gilt: Bleibt die Leine locker, lobst du deinen Hund kurz, sanft und liebevoll: »Braver Junge!« bzw. »Braves Mädchen!«

Kommt der Hund jetzt zu dir, gibt's obendrein auch noch SOFORT bei Ankunft ein Leckerlie. Nichts weiter. Nur stumm das Leckerlie in den Hund schieben.

Schritt 5: Weitergehen!

Damit haben wir die Bedingung für das Weitergehen erfüllt bekommen: Die Leine ist locker. (Und der Hund ist zu uns zurückgekommen.)

Hinweis: Das mit dem "Zurückkommen zu dir" stellt sich mit den Wiederholungen der Übung von ganz allein ein. Insofern musst du nicht von Anfang an darauf bestehen.

Wie auch immer: Wir gehen jetzt weiter in Richtung des immer noch herumliegenden Leckerlies.

Manche Hunde vergessen in der Zwischenzeit, dass da ein Leckerlie liegt. Es liegt in deinem Ermessen, den Hund darauf hinzuweisen; oder es klammheimlich einzusammeln und zur Wiederholung zu benutzen. (Beides hat keinen Einfluss mehr auf die Übung selbst. Aber letzteres wäre wohl auf Dauer deutlich gesünder.)

Schritt 6: Die Schritte 1 bis 5 unendlich oft wiederholen

Damit ist die Übung abgeschlossen. Von jetzt an kannst du diese Übung beliebig oft wiederholen.

Es gibt kein "zu oft"! Während eines einzigen Spaziergangs kannst du das also durchaus 50, 75 oder auch 100 Mal wiederholen. Es wird halt nur extrem langweilig für dich. Deshalb reichen als Faustregel auch 20 Übungen pro Tag aus. Das ist genug, um dem Hund in wenigen Tagen die notwendige Lehre zu vermitteln.

Der Haken an dieser Übung

Diese Übung hat einen gewaltigen Haken! Von jetzt ab MUSST du auf deinen Hund reagieren!

Mit dieser Übung hast du deinem Hund beigebracht, sein Interesse an Dingen außerhalb der Leinen-Reichweite - meistens/manchmal/gelegentlich - "bei dir anzumelden". Das bedeutet:

Dein Hund läuft an der Leine herum. Irgendwann schaut er dich an. Dann solltest du ein guter Rudelführer sein und bereits wissen, WARUM er dich anschaut; also was er gern näher betrachten möchte.

Meistens zeigt er das an, indem er schon mal ein paar Schritte in die betreffende Richtung läuft, bevor er innehält und dich anschaut. Doch je mehr er diese Übung verinnerlicht hat, desto weniger wird er das durch "Hinlaufen" anzeigen.

Das Problem? Lernt der Hund, dass es "sinnlos" ist, bei dir Interesse an etwas anzumelden, weil du allzu oft planlos oder - schlimmer noch: gar nicht - reagiert hast; wird er sich einen Alternativ-Plan überlegen: Er wird wieder anfangen, an der Leine zu ziehen. Und dann beginnt das ganze Spiel von vorn.

Lerne deinen Hund kennen! Je besser du verstehst, wonach er Ausschau hält, desto eher weißt du, was ihn interessiert.

Du musst nicht immer richtig liegen! Wenn du irrst und den Hund "in die falsche Richtung" führst, weil du glaubst, dass ihn dort etwas interessiert; ist das kein Problem. Nur "gar nicht reagieren" ist falsch!

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