Strafe muss sein! ... Oder?! Und wenn ja: Wie?

»Mein Hund hat Mist gebaut. Er dreht echt am Rad. Und er gehorcht einfach nicht. Jetzt bin ich sauer und will ihn bestrafen. Er soll lernen, es in Zukunft nicht mehr falsch zu machen!«

Ganz egal, warum: Wenn du deinen Hund bestrafen willst, solltest du auch etwas dazu wissen. Macht es überhaupt Sinn? Wie sieht ein Hund das Bestrafen? Was kann man dabei alles falsch machen? Und wie geht es richtig?

Denn schließlich wollen wir die Strafe ja nicht nutzen, um uns selbst abzureagieren; sondern, um dem Hund deutlich zu machen, dass er gerade etwas falsch macht.

Problem: Hunde verstehen "Strafe" nicht!

Unter Strafe verstehen wir Menschen: Jemand baut Mist. Er kommt vor Gericht. Und er bekommt eine hoffentlich angemessene und damit gerechte Strafe.

Hunde verstehen dieses menschliche Konzept der "Strafe" nicht! Überhaupt gar nicht. Keine Chance! Niemals. Sie leben nur im Hier & Jetzt. Für sie existiert nur die aktuelle Gegenwart; also genau DIESER Zeitpunkt. Schon allein die Idee, es gäbe soetwas wie eine "Vergangenheit" und man könnte da etwas getan haben, halten Hunde für völlig verrückt.

Aber Hunde verstehen, was eine "Korrektur" ist; also die "Zurechtweisung". (Wir nennen das Zurechtweisen des Hundes Korrigieren oder Korrektur falschen Verhaltens.) Warum sie das verstehen? Weil sie es selbst benutzen, um sich untereinander zurechtzuweisen. Denn natürlich braucht es den Eingriff hier und da, um ungewünschtes oder sogar problematisches Verhalten anderer Rudelmitglieder zu beschränken oder zu unterbinden, bevor größerer Schaden eintritt.

Hunde verstehen "Strafe nach der Tat" nicht.

Hunde verstehen nur "Zurechtweisung während der Tat".

Fachbegriff: Zurechtweisen nennt man "Korrektur". Wir korrigieren unseren Hund.

Geht es ohne?

Nachdem wir nun wissen, dass Hunde mit "Strafen" niemals etwas anfangen können, stellt sich die Frage:

»Geht es ohne Korrektur und Zurechtweisung?«

Anti-autoritäre Erziehungsmethoden, wie beispielsweise die positiv-fördernde Hunde-Erziehung, setzen darauf, dass ein Hund gar nicht korrigiert werden muss. Stattdessen fördert man einfach das positive - also das "richtige" bzw. das korrekte - Verhalten. Damit lernt der Hund, was man haben möchte; und was nicht.

Und ja, das funktioniert wirklich ... also eingeschränkt. Und unter der Voraussetzung, dass man selbst super-konsequent, mega-geduldig und ziemlich diszipliniert ist. Und unter der Voraussetzung, dass unser Hund charakterlich nicht allzu dickköpfig (lies: eigenständig) ist; bzw. dass wir selbst sehr viel Gelassenheit bei der Auslegung von Kommandos und Anweisungen an den Tag legen wollen.

Falsche Zurechtweisung bzw. Korrektur? Falsche Lehre!

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist besser, wenn du gar nicht korrigierst, als wenn du falsch korrigierst!

Erziehungs-Fehler vermeiden: Es ist besser einen Fehler 10 Mal gar nicht zu korrigieren; als auch nur 1 Mal falsch zu korrigieren.

Denn eine falsche Korrektur kannst du nicht "entschuldigen" oder dem Hund erklären und so aus der Welt schaffen: Eine falsche Korrektur erteilt dem Hund eine falsche Lehre! Und wenn du zu oft falsch korrigierst, sieht dein Hund irgendwann nur noch einen boshaften und willkürlichen Tyrannen in dir.

Und eigentlich wollen wir ja das Gegenteil erreichen, nicht wahr?!

Lösung: Wie sieht eine richtige Korrektur aus?

Damit dein Hund die Korrektur "versteht", muss sie folgende Bedingungen erfüllen:

  1. Die Korrektur muss ANGEMESSEN sein.
  2. Sie muss WÄHREND DER TAT erfolgen.
  3. Nach der Tat ist vor der Tat. (KEIN Nachtragen!)

Wenn du diese drei Punkte nicht einhältst, hat dein Hund keine Chance, die Korrektur als Lehre wahrzunehmen. Dann ist es auch für ihn nichts anderes, als dass sich ein Tyrann an ihm abreagieren will.

Und weil das so wichtig ist, schauen wir es uns gleich noch einmal genauer an:

Was bedeutet "angemessen"?

Im Grunde bedeutet Angemessenheit für den Hund dasselbe, wie für dich: Betrachtest du eine Tat als "Versehen", dann würdest du jede Form harter Disziplinierung ärgerlich oder auch wütend zurückweisen, nicht wahr?!

Aus der Sicht der Hunde bedeutet das:

  • KURZE KORREKTUREN des Verhaltens sind gut, richtig und wichtig für den Hund.
  • Standpauken, Geschreie, Herumgezerre am Hund oder gar Prügel sind niemals angemessen. Nie. Absolut nie.

Beobachte es selbst! Wenn ein Hund einen anderen Hund korrigiert, dann macht er das mit winzigen und sehr kurzen Korrekturen: Eine bestimmte Körperhaltung des ermahnenden Hundes, ein kurzes Abdrängen, ein leises oder deutlicheres Knurren und irgendwann auch ein angedeutetes Beißen zusammen mit grimmigerem Knurren, wenn ein Hund allzu aufsässig ist und die anderen Zurechtweisungen nicht gesehen hat oder akzeptieren will...

IMMER ist es kurz, dauert also vielleicht 1, 2 oder 3 Sekunden. Und IMMER ist es dem Fehlverhalten des ermahnten Hundes angemessen. Niemals würde ein gesunder Hund einen anderen mit andauerndem Kläffen (lies: Schreien) "korrigieren".

Und auch die körperlichen Attacken gegen den ermahnten Hund folgen einem strengen Ritual. Wird das nicht eingehalten, versteht der Hund die Zurechtweisung nicht, weil er die Schwere seiner Verfehlung nicht einschätzen kann.

Was bedeutet "während der Tat"?

Hunde leben im "Hier & Jetzt". Für sie existiert der Begriff "Vergangenheit" nicht. Deshalb verstehen sie auch "Strafe nach der Tat" nicht. Wenn sie vorhin etwas getan haben, dann haben sie es längst vergessen.

Begehen sie also eine "Straftat", dann MÜSSEN sie direkt auf frischer Tat erwischt und angemessen korrigiert werden. Oder niemals.

Denn sie bringen die Korrektur IMMER in Verbindung mit ihrem aktuellen Verhalten. NIEMALS denken sie »Oh?! Ich werde korrigiert? Na da habe ich vorhin wohl doch etwas übertrieben.«

Was bedeutet "nicht nachtragen"?

Da Hunde mit "Strafe nach der Tat" nichts anfangen konnen, verstehen sie auch das "Nachtragen" der Menschen nicht. Du ärgerst deinen Hund? Dann ermahnt er dich sofort. Er käme niemals auf die Idee, dir erst 20 Minuten später dafür die Leviten zu lesen. Noch nicht einmal 1 Minute später. Entweder sofort. Oder nie.

Wenn dein Hund dich also verstehen soll, dann darfst du NIEMALS etwas nachtragen. Entweder "bestrafst" - also korrigierst - du deinen Hund während der Tat und zeigst ihm direkt, dass das aktuelle Verhalten nicht erwünscht ist; oder du lässt die Korrektur ganz ausfallen.

Ganz egal, wie du dich entscheidest: Ist der Zeitpunkt vorbei, gibt es das Vergehen auch nicht mehr. Dann ist es genauso, als wäre nie etwas geschehen.

Was du dann mit deinem Frust und deiner Wut machen sollst? Schreie einen Baum an! Oder zerschlage Porzellan, wenn es dir hilft, um dich abzureagieren.

Aber dein Hund hat damit nichts mehr zu tun. Er versteht es nicht.

Dein Hund soll dich verstehen? Dann sprich seine Sprache!

Hunde und Menschen haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie man "richtig bestraft".

Wahlweise kannst du jetzt zum Tyrannen werden, deine unechte Dominanz ausleben und versuchen, deinem Hund die menschlichen Konzepte von "Strafe" beizubringen.

Oder du lernst das richtige Korrigieren, so dass dein Hund dich versteht. Dann hast du eine gute Chance echt dominant und ein guter Rudelführer zu werden.

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