Die Sprache des Hundes

Wir haben es ja schon x-Mal angesprochen: Unser Hund ist Experte für Körpersprache. Er benutzt sie die ganze Zeit. Er zeigt uns damit so ziemlich alles: Freude, Neugier, Angst, Wut, Unsicherheit und Unterwerfung.

Unser einziger Job ist es, seine Körpersprache zu erkennen und richtig zu deuten.

Nun sind wir keine Experten für Körpersprache. Also nicht mehr, denn einst, als wir selbst noch in der freien Natur lebten, war es für uns lebenswichtig, die Körpersprache der Tiere richtig zu deuten. Doch heute hat das an Bedeutung verloren.

Für unseren Hund müssen wir nun also das verschüttete Wissen ausgraben und auffrischen. Denn er wird IMMER in unserer Körpersprache lesen. Es ist die einzige Sprache, die er sicher und jederzeit versteht.

Wie lerne ich die Hunde-Sprache?

Es gibt unzählige Bücher, die zu diesem Thema geschrieben wurden und werden. Hundeschulen halten Seminare für Körpersprache ab. In der Welpenschule kannst du ebenfalls Körpersprache lernen und dir von Trainern erklären lassen. Außerdem wird dir natürlich wohl jeder Hundetrainer mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Und nicht zuletzt: Du kannst Hunde - auch und gerade deinen eigenen Hund - einfach beobachten und deine eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Das ist sogar der beste Weg, denn schließlich willst du DEINEN HUND VERSTEHEN, nicht wahr?! Also beobachte ihn! Achte auf jede kleine Veränderung und versuche zu verstehen, warum er das jetzt macht.

Dieses "Trial-and-Error"-Prinzip ist nur anfangs ziemlich anstrengend, weil man nicht so genau weiß, worauf man achten muss. Doch schon nach ein paar Tagen wirst du feststellen, dass dir dein Bauchgefühl sehr gute Hilfe leisten wird: Du fängst an zu "spüren", dass dein Hund sich anders verhält. Und du fängst an zu begreifen, wie er sich wann und warum verhält.

Der Hund spricht immer mit dem ganzen Körper!

Beim Erlernen der "Hunde-Sprache" gibt es einen wirklich super-wichtigen Grundsatz:

Der Hund spricht
IMMER
mit dem ganzen Körper!

Es reicht also nicht - wie von Menschen gewohnt - ihnen "ins Gesicht zu gucken", um herauszufinden, was sie vorhaben könnten. Vielmehr MUSST du IMMER den ganzen Hund anschauen:

  • Wirkt seine Körperhaltung angespannt oder eher locker?
  • Wie bewegt sich sein Schwanz?
  • Wie hält er die Ohren?
  • Wie hält er den Kopf?
  • Wohin schaut er?
  • Welchen Eindruck macht sein Gesicht?
  • Sträubt sich sein Nacken?
  • Was macht er mit dem Maul? (Lefzen hochziehen, Zähne zeigen, etc.)

Das sind die wichtigsten Fragen. Checke sie alle ab, bevor du dir selbst eine Antwort gibst, was der Hund wohl gerade denken mag. Und keine Sorge: Was anfangs fast unmöglich erscheint, beginnt schon nach wenigen Tagen der Übung Formen anzunehmen. Du verstehst deinen Hund immer besser und besser.

Beispiele für die Sprache des Hundes

Nachfolgend findest du typische Signale, die der Hund zeigt, um ein bestimmtes Verhalten zu demonstrieren. Nicht jedes dieser Signale findest du auch bei deinem Hund; und manche können durchaus leicht variieren. Das hängt maßgeblich damit zusammen, dass man bei der Zucht die Körpersprache der Hunde vernachlässigt.

So kann beispielsweise ein Mops seine Nase nicht krausziehen ... er hat ja praktisch keine mehr. Und ein English Bulldog kann mit seinem Stummelschwänzchen vielleicht wedeln, doch mal weiß eigentlich nie so genau, was er damit sagen will. Auch viele andere Rassen wurden mit "Sprach-Störungen" gezüchtet, so dass es letztlich voll auf dich ankommt: Beobachte deinen Hund! Lerne, wie er sich verhält. Dann kannst du zumindest ihn immer sicher "lesen & verstehen".

Dazu muss man wohl nicht viel sagen, oder?! Du siehst sie jeden Tag, wenn gerade nichts Besonderes, Aufregendes oder Irritierendes geschieht. Präge dir diese "Grungstellung" fest ein! Jede Abweichung davon ist Kommunikation deines Hundes. Mit dir. Mit seiner Umwelt.

Je besser du seine "Grundstellung" verstanden hast, desto leichter fällt es dir, Abweichungen von dieser Grundstellung zu bemerken.

  • Das Gesicht ist entspannt, Zähne sind nicht zu sehen.
  • Die Augen sind lebhaft und auf nichts Bestimmtes gerichtet.
  • Die Ohren bewegen sich unabhängig voneinander, um möglichst viele verschiedene Geräusche und Geräuschquellen zu orten.
  • Der Schwanz ist rassetypisch (hängend, schräg nach oben oder unten, oben oder oben zusammengerollt) ausgerichtet und bewegt sich entweder gar nicht oder nur sehr leicht hin und her.

Wenn dein Hund etwas erwartet, was ziemlich sicher Spaß machen oder interessant sein wird, dann befindet er sich in einer "positiven Erwartungshaltung".

  • Der Kopf ist leicht angehoben oder zur Seite gelegt (= Neugier oder großes Interesse).
  • Das Maul ist entweder ganz geschlossen oder leicht geöffnet; Zähne sind aber nicht zu sehen.
  • Der Nasenrücken ist nicht "kraus" gezogen.
  • Die Augen schauen fest in die Richtung, aus der das Tolle, Spannende oder Interessante erwartet wird. Eventuell schaut er dir auch ins Gesicht oder direkt in die Augen, wenn ihr miteinander gut vertraut seid und/oder wenn er dich als Spielkameraden akzeptiert.
  • Die Ohren sind ebenfalls auf das Tolle, Spannende oder Interessante ausgerichtet, lassen sich aber von anderen Geräuschquellen kurz ablenken.
  • Der Schwanz ist waagerecht ausgerichtet und bewegt sich lebhaft seitlich. (Das ist das übliche freudige Schwanzwedeln, das die meisten Leute gut kennen.)
  • Der ganze Hund wirkt angespannt, aber nicht verkrampft.

Insgesamt steht der Hund entweder ganz entspannt (Grundhaltung) oder neigt sich leicht nach vorn, als ob er gleich loslaufen wollte. Sein Gang ist federnd, wie bei einem Sportler. Er läuft aber nicht raumgreifend, sondern eher im "Jogging-Stil" ganz entspannt.

Dein Hund möchte seinem Gegenüber imponieren (= Eindruck schinden); oder er möchte sein Gegenüber bedrohen.

Du siehst: Es kommt oft auf die Umstände an, in denen der Hund die Körpersprache einsetzt. Imponieren ist aus seiner Sicht einfach nur "schwaches Drohen". Er will zeigen, dass er die Lage im Griff hat. Doch wehe, der andere versucht das gleiche zu zeigen. Dann ist die gleiche Körperhaltung ruck-zuck eine Droh-Haltung, die ankündigt, dass unser Hund es ernst meint.

  • Der Kopf direkt auf das Ziel ausgerichtet und wird nicht bewegt.
  • Die Augen fixieren das Ziel ununterbrochen.
  • Das Maul ist locker geschlossen. Wenn es in das Droh-Verhalten übergeht, wird das Maul fest geschlossen oder zum Knurren ganz leicht geöffnet.
  • Der Nasenrücken kann, muss aber nicht, "kraus" gezogen werden. Wenn kraus, dann ist auch grollendes Knurren nicht mehr weit oder schon dabei.
  • Die Zunge ist ganz verschwunden und bleibt auch weg.
  • Der Schwanz ist waagerecht ausgerichtet und bewegt relativ langsam seitlich hin und her. Einige Rassen halten hier den Schwanz aber völlig still.
  • Der ganze Hund wirkt angespannt, aber nicht verkrampft.

Hier ist es wirklich wichtig, dass du den Kontext einbeziehst, um es richtig einschätzen zu können: Fühlt sich dein Hund überlegen, wird er zuerst imponieren und (vielleicht) später drohen. Fühlt er sich aber unterlegen, kann es sofort Drohen sein und der Versuch des Imponierens ganz ausgelassen werden.

Aber normalerweise versuchen Hunde immer, Konfrontationen zu vermeiden: Sie werden also zuerst zu imponieren versuchen. Scheitert das, ziehen sie sich entweder zurück oder beginnen zu drohen.

Dein Hund ist sich in einer Situation sicher, dass er der Unterlegene ist. Er versucht, die Situation zu vermeiden. Klappt das nicht, dann zeigt er seine Angst.

  • Der Kopf mehr oder weniger stark zu Boden gesenkt.
  • Die Augen vermeiden jeglichen Blickkontakt; streifen den Verursacher der Angst aber immer wieder.
  • Das Maul ist krampfhaft geschlossen.
  • Die Zunge ist ganz verschwunden, kann aber gelegentlich für Sekundenbruchteile hervorkommen, um die eigene Nase zu lecken (= Beschwichtigungs-Signal an den Verursacher der Angst).
  • Die Vorderbeine sind "gegen den Verursacher der Angst" in den Boden gestemmt und stocksteif.
  • Der Oberkörper des Hundes kann (muss aber nicht) sich vom Angst-Verursacher abwenden. Das ist dann eine unmissverständliche Verstärkung des "Lass-mich-in-Ruhe!"-Signals.
  • Der Schwanz verschwindet bei den meisten Rassen unter dem Körper des Hundes (= große Angst) oder wird still nach unten gehalten (= weniger Angst). Doch Vorsicht! Das ist extrem rasse- und charakterabhängig und daher kein sicheres Signal für uns.

Beiß-Gefahr! Nicht verwechseln! Angst heißt NICHT Wehrlosigkeit oder Unterwerfung. Im Gegenteil: Angst kann leicht in ängstliche Verteidigungs-Aggression umschlagen. Sei deshalb ganz besonders bei ängstlichen Hunden vorsichtig. Werden sie zu sehr bedrängt, dann wehren sie sich in ihrer Angst.

Dein Hund ist sich in einer Situation unsicher. Er befürchtet Schlimmes, will aber noch nicht weichen. Deshalb versucht er zunächst mal vorsichtig zu drohen. Sein Ziel ist es, den Gegner zum Zurückweichen zu bewegen (was dir dann im Regelfall wirklich zu raten wäre).

Diese vorsichtige und unsichere Drohung wird meist schon bald in offene Aggression oder Angst (und Flucht) umschlagen. Seltener schlägt es in Unterwerfung um.

  • Der Kopf starr auf den Gegner ausgerichtet und wird nicht bewegt.
  • Die Augen sind starr auf den Gegner ausgerichtet und fixieren ihn fest.
  • Das Maul ist leicht geöffnet. Manche Hunde knurren jetzt auch dumpf und leise. Andere Hunde knurren deutlich und/oder zeigen sogar gebremstes Schnapp-Verhalten (= "In-die-Luft-schnappen")
  • Die Ohren sind (fast ganz) fest angelegt (dann ist auch Angst bzw. deutliche Unsicherheit dabei) oder, bei anderen Rassen, leicht nach vorn auf den Gegner ausgerichet.
  • Der Rücken ist meist nicht ganz gerade, wie in der Grundhaltung, sondern - fast schon wie beim "Angst-Signal" - leicht gebeugt. Je mehr, desto mehr "Angst-Signal" ist dabei.
  • Der Oberkörper des Hundes kann (muss aber nicht) sich vom Angst-Verursacher abwenden. Das ist dann eine unmissverständliche Verstärkung des "Lass-mich-in-Ruhe!"-Signals.

Vorsicht! Unsicheres Drohen heißt nicht, dass der Hund nicht zuschnappt. Er wird es zu vermeiden versuchen; doch wenn er anhaltend provoziert wird, dann hast du schnell einen Hund am Finger. Der Biss ist aber nicht "mit voller Kraft", sondern soll dir nur drohen. Trotzdem kann es ordentlich weh tun und auch bluten.

Die offene Aggression folgt meist auf die unsichere Drohung. Eher selten wird sie direkt eingesetzt. Aber wenn sie direkt eingesetzt wird, ist sich der Hund sicher, dass er die (möglicherweise) kommende Auseinandersetzung gewinnen kann. Zumindest wird er sich Mühe geben, sie zu gewinnen.

Der Hund zeigt hier die gleichen Anzeichen, wie bei der unsicheren Drohung. Aber alles wird noch eine Stufe deutlicher gemacht. Gerade so, als wollte er dir sagen: "Hast du mich nicht verstanden, oder was?! Ich meine es wirklich, wirklich, wirklich ernst. Komm her, dann beiße ich dich."

EXTREME BEISS-GEFAHR! Dieser Hund wird kräftig zuschnappen, sobald er eine Gelegenheit sieht. Die meisten Hunderassen sind aber Schnapper-Rassen. Das heißt: Sie schnappen kurz zu und lassen dann sofort wieder los. Nur trainierte Schutz-Hunde, einige Schutz-Rassen, sowie Pitbull, Staffordshire, etc., also Hunderassen, die auf "Festhalten" gezüchtet wurden, verbeißen sich fest und lassen dann höchstens los, um sofort erneut zuzubeißen und nicht mehr loszulassen.

Du wirst es ganz sicher erkennen, wenn du es siehst. Der ganze Hund strahlt aus: "Los! Worauf wartest du? Spiel mit mir!"

Die Körperhaltung ist locker, aber nicht ganz entspannt. Die Bewegungen sind ruckartig: Der Hund springt plötzlich hoch; um sich gleich darauf wieder auf den Bauch zu legen, aber die Hinterbeine fast ganz stehen zu lassen. Vielleicht macht er auch ein, zwei Sprünge auf allen vier Pfoten in die Luft. Der Schwanz wedelt bei waagerechter Haltung sehr heftig seitlich hin und her.

Das gesamte Verhalten wirkt auffordernd ... aber ausgesprochen friedlich und verspielt.

Am auffälligsten ist: Die Vorderbeine liegen lang auf dem Boden; die Hinterbeine stehen noch (fast) gerade, so dass der Hintern deutlich angehoben ist, während der Brustkorb (fast) auf der Erde liegt. Zudem springt der Hund immer wieder erwartungsvoll auf und wirft seinen Kopf oder sogar den ganzen Körper verspielt herum, um gleich darauf wieder in diese Aufforderungs-Haltung (Hintern hoch, Brustkorb auf dem Boden) zu gehen.

Die aktive Unterwerfung zeigt - genauso, wie die passive Unterwerfung - an: "Okay, okay. Ich ergebe mich. Du bist der Boss."

So sieht sie aus: Der Hund leckt sich über das Maul oder er versucht, dich im Gesicht zu lecken. (Nicht verwechseln! Das Lecken in deinem Gesicht folgt hier auf eine Auseinandersetzung mit ihm.) Er drückt sich vielleicht auch gegen deine Beine, wenn er vertraut mit dir ist. Viele Hunde heben dann auch im Stehen eine Vorderpfote und stupsen das Gegenüber am Kopf, Hals oder Brustbereich an.

Deine Pflicht-Aufgabe ist es nun, diese Unterwerfungsgeste zu akzeptieren:

Wahlweise gehst du weg, ohne den Hund zu beachten. Dann akzeptierst du "hochnäsig", sagst also: "Ich nehme deine Unterwerfung an, aber mache das nie wieder!" (Natürlich wird er es wieder machen. Aber man kann's ja mal versuchen, nicht wahr?! ;))

Alternativ kannst du den Hund - sanft(!) - kurz streicheln, bevor du weggehst und den Hund "entlässt". Kein "Klapsen", sondern STREICHELN. Damit sagst du: "Nicht so schlimm, was du gemacht hast. Eigentlich gar nicht der Rede wert. Komm, ich hab's schon vergessen."

Die passive Unterwerfung zeigt - genauso, wie die aktive Unterwerfung - an: "Okay, okay. Ich ergebe mich. Du bist der Boss."

So sieht sie aus: Der Hund wirft sich vor seinem Gegner auf den Boden und zeigt ihm den Bauch. Er legt sich nicht nur einfach hin; es ist wirklich ein "Umfallen". Manche Hunde legen sich komplett auf den Rücken; andere drehen sich nur auf die Seite. Entscheidend ist: Man kann ganz klar den Bauch sehen und könnte, wenn man wollte, "in den Bauch reinbeißen". In dieser Stellung verharrt er, bis der Gegner reagiert hat.

Deine Pflicht-Aufgabe ist es nun, diese Unterwerfungsgeste zu akzeptieren:

Wahlweise gehst du weg, ohne den Hund zu beachten. Dann akzeptierst du "hochnäsig", sagst also: "Ich nehme deine Unterwerfung an, aber mache das nie wieder!" (Natürlich wird er es wieder machen. Aber man kann's ja mal versuchen, nicht wahr?! ;))

Alternativ kannst du den Hund - sanft(!) - kurz streicheln, bevor du weggehst und den Hund "entlässt". Kein "Klapsen", sondern STREICHELN. Damit sagst du: "Nicht so schlimm, was du gemacht hast. Eigentlich gar nicht der Rede wert. Komm, ich hab's schon vergessen."

Unsicher, welche Signal der Hund gerade zeigt?

Wenn du unsicher bist, ob du die Körpersprache deines Hundes gerade richtig deutest, sei pessimistisch! Nimm im Zweifel das Schlechtere an.

Wenn du also unsicher bist, ob der Hund Angst hat, imponieren will oder vorsichtig droht; dann nimm an, er droht vorsichtig und wird gleich in offene Aggression übergehen.

Hunde können sehr gut damit leben, in Ruhe gelassen zu werden. Selbst scheinbar aggressive Hunde können sich dann in Sekundenschnelle wieder beruhigen. Doch was Hunde überhaupt nicht leiden können, ist, ihre "Droh-Signale" zu ignorieren. Passiert dir das, wirst du schneller mal gelocht, als dir lieb sein dürfte.