Der Neue ist da

Wir haben Familien-Zuwachs: Der neue Hund ist da!

Ganz egal, ob ein Welpe vom Züchter, ein älterer Hund aus einem Kleinanzeigen-Angebot, ein Hund aus dem Tierheim oder eine "Erbschaft" von Bekannten, Freunden oder Verwandten: Wenn der neue Hund bei dir zu Hause ankommt, beginnt für euch alle ein völlig neuer Lebensabschnitt.

Das ist für den Hund mindestens so aufregend, wie für dich und deine Familie. Deshalb solltest du es deinem neuen Familien-Mitglied so einfach wie möglich machen.

Was du tun kannst - aber auch, was du lassen solltest - schauen wir uns in diesem Abschnitt an.

Der Neue ist da!

Angekommen? ... Kurzen Spaziergang! Allein!

Ihr habt euren neuen Hund abgeholt und seid zu Hause angekommen. Nun wird es Zeit ... für den allerersten Spaziergang. Allein. Nur du und der Hund.

Für euren neuen Hund ist ALLES neu, unbekannt, aufregend und ziemlich bedrohlich. Er hat Angst, ist verunsichert, zittert am ganzen Leib.

Deshalb solltest du ihm zuallererst ein bisschen Ruhe vermitteln, damit er sich für die nächsten Aufregungen sammeln und Kraft tanken kann.

Geht spazieren! Nur du und der Hund. ALLEIN. Auch, wenn die Familie - Natürlich! - aufgeregt ist und eine Willkommens-Party im Haus vorbereitet hat. Auch, wenn die Familie - Natürlich! - am liebsten mitkommen wollte.

Der Spaziergang sollte bei einem jugendlichen oder ausgewachsenen Hund durchaus 1 Stunde dauern. Bei einem Welpen reichen 15 - 20 Minuten im "Kriechgang", also sehr, sehr langsames Spazierengehen, aus.

Zeige deinem Hund das Umfeld des Hauses. Mache ihn mit den neuen Gerüchen und Geräuschen bekannt. Vor allem aber: Lasse ihn ein bisschen die Beine vertreten und neue Kraft für die kommenden Stunden tanken.

Praxis-Tipp Mache einen ausgiebigen Spaziergang. Mit einem Welpen natürlich kürzer, als mit einem erwachsenen Hund oder einem Jugendlichen.

Praxis-Tipp Lass den Hund "die Beine vertreten". Gib ihm die Chance, sich abzuregen und sich zu beruhigen. Und mache ihn müde.

Nach dem Spaziergang: Die Party fällt aus!

So schwer es auch fallen mag: Auch nach dem Spaziergang gibt es KEINE Willkommens-Party für den Familienzwachs.

Stattdessen bekommt er eine gaaaaaanz langsame, zurückhaltende und rücksichtsvolle Hausführung. Wieder allein mit dir. Wieder ohne die Familie, die sich möglichst weit zurückhält.

Hunde lernen andere Hunde IMMER RUHIG kennen. Es wird nicht gekreischt. Es wird nicht angefasst. Es wird nicht einmal berührt. Auch anstarren oder heftige Bewegungen sind tabu.

Wenn ihr bei der Begrüßung Geräusche oder gar Lärm macht, bedeutet das für ihn Gefahr. In seinen Ohren klingt das unter Umständen wie eine Drohung. Ungefähr so, als würde er bei der Begrüßung angeknurrt werden.

Genau das machen die neuen Rudel-Mitglieder - also der Rest deiner Familie - auch: Still und wie angewurzelt stehenbleiben und warten, bis der neue Hund zu ihnen kommt. Irgendwann wird er schwanzwedelnd und sehr vorsichtig angelaufen kommen.

Bleibt dann einfach ganz still stehen oder sitzen. Ruft ihn nicht! Lockt ihn nicht! Redet nicht. Schweigt einfach und wartet ab, was passiert.

Lasst den Hund entscheiden, wen er zuerst "begrüßen" will. Er wird auf euch zukommen und an euch schnuppern. Am Bein. An den Füßen. An der Hand. Eventuell auch zwischen den Beinen. Das ist seine Art » Guten Tag! Schön, dich kennenlernen zu dürfen!« zu sagen.

Bewegt euch nicht. Redet nicht. Schaut den Hund nicht an. Das ist eure Art, auf "Hündisch" zu sagen: » Ja, es freut uns auch ungemein. Du gehörst jetzt zu uns, neues Rudel-Mitglied! Wir wollen dir nichts Böses tun. Wir mögen dich sehr.«

Oh ja, das ist verdammt schwer! Verhaltet euch beim Kennenlernen absolut ruhig. Keine hastigen Bewegungen. Nicht anfassen. Nicht streicheln. Möglichst nicht anschauen.

Sprich die "Hunde-Sprache"! Das ist die einzige Sprache, die dein Hund sicher versteht. Das ist das Beste, was du heute für deinen Hund tun kannst.

Nach dem Kennenlernen: Essen ist fertig!

Nachdem der neue Hund die Rudel-Mitglieder begrüßt hat, lässt ihn das Rudel wieder in Ruhe. Du bringst ihn zu seinem neuen Futter-Platz, wo das Futter bereits fertig vorbereitet für ihn steht. Dort zeigst du ihm den Napf.

Sobald der Hund vor dem Futter-Napf steht, drehst du dich wortlos(!) um und lässt den Hund mit dem Futter-Napf allein. Idealerweise verlässt du den Raum, lässt aber die Tür zu dem Zimmer, in das du gehst, offen. Mindestens gehst du aber 3 Meter vom Napf weg und drehst deinen Kopf vom Hund weg.

Mehr darf ich nicht machen? Warum?

Der Hund befindet sich in einem neuen Revier mit einem (noch) fremden Rudel. Das ist draußen in der freien Natur eine äußerst bedrohliche und gefährliche Situation. Es ist für ihn daher selbstverständlich, dass es NICHT SEIN FUTTER ist.

Indem du ihm das Futter überlässt, zeigst du ihm, dass er sich gern am Buffet bedienen darf. Er muss keine Angst haben, dass das Rudel ihm auf die Finger haut, wenn er sich ein bisschen zu Essen genehmigt.

Praxis-Tipp Lass den Hund beim Essen allein! Ganz allein! Geh in einen angrenzenden Raum und lass die Tür offen.

Praxis-Tipp Wenn der Hund fertig mit dem Essen ist (je nach Robustheit seiner Natur wird er viel oder wenig fressen), kommt er ganz allein zu dir. Lass ihn bis dahin völlig in Ruhe. Schaue nicht nach ihm. Rufe ihn nicht.

Nach dem Essen: Feierabend! Der Tag war anstrengend genug.

Nach dem Essen - das der Hund allein beenden wird (er wird wieder zu euch oder zu dir laufen) - zeigst du ihm ganz ruhig und gelassen seinen Ruheplatz.

Das sollte ein Platz sein, an dem er sich zurückziehen kann. Gleichzeitig sollte der Platz aber nicht zu weit weg vom neuen Rudel sein.

Ein schlecht einsehbarer Platz in einer Ecke des Wohnzimmers oder auf dem Flur vor dem Wohnzimmer ist ideal.

Vor allem sollte es aber ein ruhiger Platz sein. Also nicht direkt neben der Wohnzimmer-Tür, oder so. Ihr solltet möglichst nicht daran vorbeilaufen müssen.

Den Rest des Abends verbringt ihr, als hättet ihr gar keinen neuen Mitbewohner. Ihr schaut Fernsehen. Ihr hört Radio. Ihr lest Bücher. Ihr spielt Spiele. Doch alles piano - also leise.

Wenn ihr Krach macht oder durch die Wohnung rennt, ist das für euren neuen Mitbewohner überaus beängstigend. Er kennt euch ja noch nicht. Er weiß nicht, dass ihr es gut mit ihm meint.

Deshalb bedeutet jedes laute Geräusch und jede heftige Bewegung für ihn: » Oh Scheiße! Jetzt fallen sie über dich her! Gleich bringen sie dich um oder werfen dich aus dem Rudel!«

Wo soll der Hund schlafen? Diese Frage habt ihr hoffentlich schon vorher geklärt. Weist ihm trotzdem erst mal für den Rest des Abends einen Platz in der Nähe des Rudels zu.

Praxis-Tipp Sobald auch ihr schlafen geht, weist dem Hund seinen endgültigen Schlafplatz zu. Also den Platz, der für die nächsten Jahre "sein Platz" sein wird.

Jetzt - und ERST JETZT - darf er gestreichelt werden

Hat der neue Mitbewohner seinen Platz zugewiesen bekommen und bleibt dort liegen (kommt also nicht zu euch gelaufen), dürft ihr ihn nun auch streicheln. Das gilt natürlich auch, wenn er von seinem Platz aufsteht und wieder eure Gesellschaft sucht.

Dazu begebt ihr euch - einer nach dem anderen (also immer nur einer!) - zum Hund, hockt euch neben ihn und streichelt ihn sanft und wortlos.

Bildet KEINE Gruppe um ihn und fasst ihn nur einzeln an. Seid ganz sanft, als würdet ihr eine Katze und nicht einen robusten Hund streicheln.

Für den Hund ist das eine extrem anstrengende Situation. Er kennt euch ja noch nicht. Er weiß nicht, wie ihr - also das neue Rudel - ihn aufnehmen werdet. Seid ihr ihm wohlgesonnen? Mögt ihr ihn vielleicht nicht? Bisher weiß er nur von einem Rudelführer, dass der ihm nichts antun will.

Wenn ihr "im Rudel auftretet", wird er das als bedrohlich betrachten: » Oh Gott! Das Rudel will mir etwas antun!«

Wenn ihr laut seid, mit ihm plappert oder allzu heftige Bewegungen macht, wird er das ebenfalls als Bedrohung empfinden: » Jetzt! Gleich beißen sie mich! ... Oh! Mein! Gott! Sie hassen mich! Sie wollen mich weghaben!«

Trösten zwecklos! Es ist menschlich, zu versuchen, den Hund "trösten" zu wollen. Doch er versteht die Menschen-Sprache nicht. Er weiß nicht, was ihr plappert. Für ihn ist das nur noch mehr beängstigend oder schlimmstenfalls sogar bedrohlich...

Praxis-Tipp Wenn der Hund immer noch Angst zeigt (er duckt sich in das Kissen an seinem Platz, er zieht den Schwanz zwischen die Beine, er knurrt vielleicht sogar), lasst ihn einfach in Ruhe. Es ist okay, dass er Angst hat. Das legt sich in den nächsten Tagen. Gebt ihm die Ruhe, die er sich wünscht!

Moment! Wir dürfen ihn also nicht "richtig begrüßen"?

Ihr begrüßt ihn doch. Nur eben nicht auf "Menschen-Art", sondern auf "Hunde-Art". Ihr begrüßt ihn also auf die aller-höflichste Art, die es gibt: Ihr begrüßt ihn IN SEINER SPRACHE.

So macht ihr ihm die Umstellung auf neues Rudel, neues Heim, neue Umgebung, neue Gerüche, neue Gefahren, und ... und ... und ... am leichtesten.

Und genau das wollen wir doch, oder?! Wir WOLLEN es dem Hund so einfach wie möglich machen. Wir WOLLEN, dass er sich vom ersten Tag an bei uns wohlfühlt. Wir WOLLEN, dass es ihm gut geht.

Begrüßung "in seiner Sprache" Ihr habt ihm alles gegeben, was man ihm am ersten Tag geben kann: Zuneigung, Aufnahme im Rudel, sicheres Futter, Ruhe und einen sicheren und ungestörten Schlafplatz. ... Aus der Sicht des Hundes seid ihr geradezu PERFEKT gewesen. Und eure Geduld wird er schon in den kommenden Tagen belohnen.