Auch im Verhalten ähneln Wolf und Hund sich mehr, als wohl manchem lieb ist:
Das Bett kuschelig treten. Sicher hast du es auch bei deinem Hund schon bemerkt: Bevor er sich hinlegt, dreht er sich einige Male im Kreis. Zuhause macht das überhaupt keinen Sinn; doch in der freien Natur diente dieses Verhalten dazu, das Gras herunterzutreten und alles, was auf dem Platz herumliegt (Käfer, kleine Stöcker, etc.) wegzukicken, um gemütlicher liegen zu können.
Das Gesicht ablecken. ("Küsschen geben") Hunde und Wölfe küssen einander aus verschiedenen Gründen. Es kann beispielsweise Zuneigung bedeuten. Oder Unterordnung. Oder Betteln (um Futter).
Futter oder Spielzeug vergraben. Für einen Haushund macht das nicht den geringsten Sinn. Niemand macht ihm das Futter und schon gar nicht das Spielzeug streitig. Trotzdem wirst du es auch bei deinem Hund gelegentlich beobachten können: Er vergräbt doch tatsächlich einen Knochen oder irgendein Spielzeug. In der freien Natur machen Wölfe das, um vorhandenes Restfutter vor Fressfeinden zu sichern.
Das allseits beliebte "Suhlen im Matsch oder stinkendem Zeug". Bis heute streiten sich die Experten, welchen genauen Sinn dieses Verhalten für den Wolf hat. Doch ob es nun der Geruchstarnung, der optischen Tarnung, der Fellpflege, allem zusammen oder gar nichts davon dient: Hunde machen es auch nach 15.000 Jahren immer noch mit großem Genuss.
Fressen, bis der Futternapf leer ist. Vielleicht hat ja jemand vergessen, es den Hunden zu sagen. Aber seitdem er mit dem Menschen lebt, ist sein Futter ziemlich sicher. Zwar war es in den ersten Jahrtausenden noch nicht völlig sicher; doch seit der Mensch Ackerbau und Viehzucht betreibt, ist Futterknappheit eher die Ausnahme als die Regel. Ganz besonders gilt das seit rund 70 Jahren, wo es - zumindest in der westlichen Welt - wirklich überhaupt keine "Futterengpässe" mehr gibt.
Schnüffeln am Hintern (bzw. an den Geschlechtsteilen). Diese sogenannte "chemische Kommunikation" teilen Hunde bis heute ebenfalls mit den Wölfen. Hund und Wolf erfährt dadurch viel über das "beschnupperte" Individuum: Welches Futter es zu sich genommen hat, wie es emotional drauf ist, wie es ihm gesundheitlich geht, und vieles mehr.
Schwanzwedeln. Seit 15.000 Jahren lebt der Hund mit dem Menschen. Bestenfalls in Mini-Rudeln; doch IMMER mit dem Menschen im Mittelpunkt. Trotzdem haben Hunde die Kommunikation mit dem Schwanz bis heute nicht aufgegeben. Mehr noch: Die Kommunikations-Signale, die Hunde mit dem Schwanz aussenden, sind zu 100 Prozent identisch mit denen, die ein Wolf aussendet.
Überhaupt: die gesamte(!) Körpersprache. Die gesamte Körpersprache von Hund und Wolf sind vollkommen identisch. Beide sprechen exakt dieselbe Sprache. Und das nach 15.000 Jahren. (Menschen schaffen es ja nicht mal, eine Sprache oder einen Dialekt länger als etwa 100 Jahre aufrecht zu erhalten, ohne sie bzw. ihn gravierend zu verändern und den sich verändernden Gegebenheiten anzupassen.)
Diese Liste ließe sich noch um einiges erweitern. Beispielsweise das Markieren an Büschen und Bäumen; oder das ausgiebige Schnüffeln an ebendiesen Markierkungen; oder das Zurückziehen zwischen deine Beine, bei Unsicherheit oder Angst; oder das "Gähn-Jaulen", also das gleichzeitige ausgiebige Gähnen und Jaulen, als Stress- bzw. Angstsignal; oder das Schütteln, um Stress abzubauen; oder die Bereitschaft "im Rudel mitzuheulen"; ...
Wie gesagt: Es könnte noch eine ganze Weile so weitergehen.
Nichts davon hat der Hund sich ausgedacht oder in den 15.000 Jahren gemeinsamen Lebens mit den Menschen abgelegt oder neu dazugelernt. Vielmehr sind es immer noch
die alten Ur-Instinkte des Wolfes, die ihn genau das tun lassen.