Auch Clicker-Training ist Dominanz-Training

Insbesondere in den letzten Jahren ist die Diskussion um "stark anti-autoritäre" Erziehungsmethoden besonders laut geworden. Man verdammt mit Vorliebe alles, was sich nach Dominanz & Disziplin anhört und schwört auf "völlig neue und absolut gewaltfreie Methoden", ... so etwa das sogenannte "Clicker-Training".

Doch ist das wirklich "gewalt-frei"? Ist das wirklich "dominanz-frei"? Oder steckt dahinter nicht etwas völlig anderes; etwas das ... nun, lass es mich ganz direkt sagen, auch, wenn es vielleicht schmerzhaft ist:

»Clicker-Training ist Dominanz-Training
für empathisch Verkrüppelte.
«

Das klingt brutal. Tatsächlich ist es - Zugegeben! - auch sehr plakativ zusammengefasst. Deshalb schauen wir uns in diesem Abschnitt an, was dahinter steckt...

In eigener Sache Offenbar haben wir mit diesem Artikel den emotionalen Nerv mancher Leute getroffen. Es liegt nicht in unserer Absicht, irgendjemanden zu beleidigen. Stattdessen wollen wir zur Aufklärung von Hintergründen; also zum besseren Verständnis, beitragen. Das muss nicht gefallen; das soll der Wahrheit entsprechen. Und Wahrheit ist nun mal nicht immer nett und gefällig.

Erst lesen, dann Email schreiben! Daher unsere Bitte: Lies es zuerst gründlich durch! Denke dann darüber nach! ... Und danach - wirklich erst DANACH - schreibe uns deine Meinung dazu. Wir stehen jeder fakten-basierten Debatte aufgeschlossen gegenüber. Doch "Hass- & Wut-Mails" lesen wir nicht einmal. Es wäre also verschwendete Mühe.

Was ist Clicker-Training?

Beim sogenannten Clicker-Training benutzt man ein kleines Teil - früher nannten wir solche Dinger "Knack-Frosch" -, das » Knack!« macht; ... das "klickt". (Daher kommt der Name " Clicker-Training".)

Dabei wird der » Klick!« immer dann eingesetzt, wenn der Hund etwas richtig gemacht hat. Er dient also als (zeitweiliger) Ersatz für das ausgesprochene oder anderweitig demonstrierte Lob: Anstatt zu sagen » Das hast du aber fein gemacht! Mach weiter so!« klickt man eben.

Und damit das wirksam funktioniert, muss der Hund zunächst konditioniert werden: Es beginnt mit » Ich klicke, du bekommst ein Leckerlie!«, bis der Hund den Zusammenhang begriffen hat. Später wird dann diese Konditionierung benutzt, um dem Hund durch den Klick mitzuteilen » Gut gemacht! Leckerlie verdient!« Und noch später - Pawlow lässt grüßen! - benutzt man den Clicker, um nur noch auszudrücken: » Gut gemacht!«: denn man will den Hund ja vom Leckerlie "entwöhnen".

Ist es wirklich gewalt-frei, also "frei von jeder Gewalt"?

Solche Art der Konditionierung ist ohne jeden Zweifel völlig frei von physischer Gewalt. Es gibt nicht einmal eine winzige Spur von Prügel, Herumzerren oder anderen Dingen. Stattdessen erscheint es so, als würde der Hund alles freiwillig machen und großen Spaß dabei haben.

Doch ist es wirklich auch nur annähernd so gewalt- und dominanz-frei, wie seine - oft schon religiös anmutenden - Befürworter behaupten?

Nehmen wir die Antwort gleich vorweg:

»Nein, das ist es nicht. Es wechselt nur die Ebene der Gewalt: Von sichtbarer Gewalt zu unsichtbarer Gewalt.« ... Es wechselt von » Jetzt setzt es Schläge!« zu » Ich will dich ja nicht schlagen, aber ...«

Nochmals, denn das ist wirklich wichtig: Das Clicker-Training ist völlig frei von physischer Gewalt. Es gibt keine Schläge, keine Tritte, keine körperlichen Misshandlungen irgendwelcher Art. Niemals. Unter keinen Umständen.

Allerdings gibt es sehr wohl psychische Gewalt, also "geistige Gewalt". Sehr starke Gewalt sogar, denn es ist einer der mächtigsten Psycho-Gewalt-Tricks überhaupt beim Hund. Man setzt bei dieser Art des Trainings auf einen natürlichen "Basis-Instinkt" des Raubtiers Hund: auf den Futter-Instinkt.

Für den Hund entsteht also der unmittelbare Eindruck: » Alles klar! Er/Sie besitzt das Futter. Und ich bekomme es nur, wenn ich dafür arbeite.« Denn nein, der Hund weiß nicht, dass er morgens und/oder abends trotzdem noch Futter bekommen würde. Er lebt wirklich nur im Hier & Jetzt. In dieser Minute. Für ihn ist das "Zuteilen von Futter" also die "neue Futter-Regel". Jeden einzelnen Tag.

Dieses Wissen nutzen wir beim Clicker-Training schamlos aus. Wir bedienen uns des mächtigen Futter-Triebs des Hundes, um ihn gefügig zu machen ... um ihn zu dominieren (lies: zu beherrschen).

Karnivoren, also Fleischfresser, sind von der Natur mit einem "endlosen Appetit" gesegnet. Das hängt damit zusammen, dass sie für ihr Fleisch jagen gehen müssen. Und Jagd ohne Gewehre ist in den meisten Fällen noch erfolgloser als Jagd mit Gewehren. Es kann also passieren, dass das Rudel tagelang, ohne einen Happen zwischen die Zähne zu bekommen, jagen gehen muss.

Doch wenn es endlich Frischfleisch gibt, schlägt man sich den Bauch voll, bis man kaum noch laufen kann: » Wer weiß, wann es wieder etwas gibt?«

Deshalb ist "Futter" für Hunde ein gewaltiges Druckmittel. Sie wissen bis heute nicht, dass man es jederzeit in beliebigen Mengen beschaffen könnte. Für sie ist derjenige, der das Futter besitzt und kontrolliert, zugleich auch ein sehr mächtiges Wesen.

Clicker-Training ist also NICHT "dominanz-frei"

Da wir nur die Ebene der Gewalt wechseln, i st auch Clicker-Training NICHT frei von Dominanz. Auch hier wird der Hund beherrscht. Er bekommt feste Regeln, die da lauten: » Leckerlie gibt's nur, wenn du brav bist und mir gehorchst.« 

Und diese Regeln werden gnadenlos durchgesetzt. Sie MÜSSEN gnadenlos durchgesetzt werden, denn wenn der Hund erst mal lernt, dass er Leckerlie auch ohne Arbeit und Gehorchen bekommt, ist es schnell vorbei mit seiner Bereitschaft, dafür erst noch arbeiten und gehorchen zu wollen. ( Übrigens: Auch hier sind wir also wieder bei "Konsequenz"! ;))

Wir dominieren - lies: beherrschen - also die Ressource "Futter". Und darüber dominieren - lies: beherrschen - wir den Hund.

Bildhaft gesprochen: Anstatt den Hund zu schlagen, drohen wir ihm nur Prügel an. Wir sagen also im Grunde nichts anderes als » Ich will dich nicht schlagen, aber ...«

Denn der Hund weiß, wie gesagt, nicht, dass diese Futter-Rationierung nur ein " vorübergehendes Mittel der Disziplinierung" ist; und dass er sich auch heute abend wieder den Bauch vollschlagen darf; ganz egal, ob er gehorcht oder nicht. Für ihn steht ab dem Moment des Beginns der Rationierung fest: » Ich muss arbeiten. Ansonsten muss ich hungern.«

Was unterscheidet Clicker-Training von "normalem Dominanz-Training"?

Damit sind wir bei der entscheidenden Frage angekommen:

» Was unterscheidet das Clicker-Training
vom "normalen Dominanz-Training"?
«

Und auch diese Antwort ist nicht nett: Es ist unsere Faulheit; unsere Unfähigkeit; unser Unwille, uns in den Hund zu versetzen und Empathie zu zeigen.

Denn mit dem » Klick!« per einfachem Daumen-Druck ersetzen wir die Körpersprache, die Hunde im natürlichen Leben verwenden; und mit dem (dazu gehörenden) Leckerlie erpressen bzw. erkaufen wir uns den Gehorsam.

Mit anderen Worten: Wir ersetzen für uns anstrengendes natürliches Verhalten durch einen "Knopf-Druck".

»Wir dressieren den Hund darauf,
dass er "auf Knopf-Druck funktioniert".
«

Anstatt uns auf seine "natürliche & eigene Sprache", also insbesondere die Körpersprache, einzulassen, benutzen wir einen Hebel namens "Futter", um den Hund gefügig zu machen. Wir entfernen uns also von der Empathie und setzen stattdessen auf Erpressung und Bestechung.

Ist Clicker-Training also schlecht?

Um Gottes Willen! Nein! Es ist ein hervorragendes Mittel, um Hunde quasi "auf spielerische Art" gefügig zu machen. (Allerdings nur auf FÜR UNS spielerische Art. Denn dem Hund ist egal, ob er mit "» Klick!« + Leckerlie" oder mit "rechtzeitigem(!) verbalen Lob + Leckerlie" belohnt wird. Ihm geht es um die Belohnung - also das Leckerlie - für die Ausführung.)

Die Beweisführung gilt einem völlig anderen Punkt: Sie soll belegen, dass es NICHT OHNE DOMINANZ geht. Daran ändert eben auch die Tatsache, dass man sich neuer Tricks und unterschiedlicher Ebenen der Gewalt bedient, nicht das Geringste.

Die Behauptung » Clicker-Training sei dominanz- und gewalt-frei« ist nichts anderes als "Neusprech". Man findet schöne Worte, die wohlfeil klingen; die sich aber letztlich genau der gleichen Grundlagen bedienen. 

Denn auch die neuen Methoden kommen um den zentralen Punkt nicht herum:

»Wer sicher kommandieren will (oder muss);
der muss beherrschen,
der muss dominieren.
«

Der größte Vorteil des Clicker-Trainings: Es funktioniert nahezu völlig ohne Empathie

Das "natürliche Dominanz-Training" bedient sich des Erlernens der Sprache des Hundes. Man benutzt natürliches Verhalten des Hundes, um so seinen Vorrang zu behaupten. Das ist verständlicherweise ein ganzer Haufen Arbeit, bei dem man jede Menge Fehler machen kann. Nicht zuletzt deshalb, weil Hunde oft sehr, sehr subtile Zeichen haben.

Beispielsweise lecken sie sich zur Beschwichtigung die Nase. Das dauert ungefähr 1 Sekunde: Die Zunge kommt raus, fährt über die Nase und verschwindet wieder. ... Verpasst oder übersieht man dieses Zeichen, frustriert das den Hund: » Hey, ich zeige dir doch super-deutlich, dass ich dich beruhigen will. Warum reagierst du nicht darauf? Bist du auf Streit aus, oder was?!«

Mit dem Clicker-Training können wir all das getrost ignorieren. Die Empathie kann uns mal kreuzweise. Denn über das Druckmittel "Futter" können wir den Hund sehr viel leichter - und vor allem: auf unsere Art - gefügig machen. ... Es ist also sehr viel weniger anstrengend für uns, weil wir sehr viel weniger lernen, begreifen, verstehen und selbst üben müssen.

Und das bedeutet nicht zuletzt natürlich auch: 

»Wir machen mit dem Clicker-Training
sehr viel weniger Fehler
als mit dem natürlichen Dominanz-Training.«

Das ist gut und wichtig. Denn du kannst dich jeden Tag in jedem beliebigen Hunde-Park davon überzeugen: Es fällt den Menschen überhaupt nicht leicht, sich in ihren Hund hineinzuversetzen. Sie können und wollen sich nicht in den Hund "hinein fühlen", um zu verstehen, warum er macht, was er macht. Stattdessen wollen sie, dass er wie eine Maschine funktioniert: » Komm her! Leg dich hin! Steh auf! Links um! Im Gleichschritt marsch!« ... oder sie verfallen in das andere Extrem: » Egal! Der Hund soll machen, was er will. Er ist ein 'freies Tier' und darf seine Entscheidungen selbst treffen.«

Dagegen ist das Clicker-Training geradezu ein Segen! Denn hier lernt der Hund wenigstens ansatzweise "soziale Bindung" und "Gehorsam als Notwendigkeit des sozialen Zusammenlebens" kennen.

Doch das geschieht AUSSCHLIESSLICH ZU UNSEREN  EIGENEN BEDINGUNGEN. Die Gefühle und die Vorstellungswelt des Hundes spielen dabei keine - wirklich nicht die geringste - Rolle.

Nachdem wir nun kurz (Ja, "kurz"; denn eigentlich könnte man darüber ganze Bücher schreiben.) angeschaut haben, dass Clicker-Training nichts anderes als " Dominanz-Training, nur ohne Empathie" ist, stellt sich die Frage:

»Was soll ICH machen?
Clicker-Training oder "natürliches Dominanz-Training"?
«

Und die Antwort darauf ist ziemlich einfach, weil sie auf der Hand liegt: » Mache beides! Wann immer du es schaffst und kannst, nutze das "natürliche Dominanz-Training". Doch Clicker-Training ist einfacher und verursacht weniger Aufwand. Und es provoziert weniger Fehler. Bei dir. Und bei deinem Hund.«

Versuche, wann immer du es kannst, die Sprache deines Hundes zu lernen. Studiere ihn! Schaue ihm zu! Lerne von ihm! Und dann benutze diese Sprache selbst.

Doch immer dann, wenn du unsicher bist oder - wie etwa beim Erlernen von Tricks - wenn es sinnvoll ist, greife auf das Clicker-Training zurück. Es ist allemal besser, als den Hund "völlig anti-autoritär" vor sich hinvegetieren und dabei allerlei neurotische Störungen entwickeln zu lassen...